Binnen zehn Jahren
Doppelt so viele Fehltage wegen psychischer Störungen
Psychische Probleme sorgen für viele Fehltage in Deutschland. Ihre Zahl hat sich binnen zehn Jahren verdoppelt, so das Bundesarbeitsministerium. Der wirtschaftliche Schaden ist enorm.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Zahl der Krankentage wegen psychischer Belastungen ist 2017 erstmals um zwei Prozent im Vergleich zu 2016 zurückgegangen. Im Zeitraum von 2007 bis 2017 hatten sich diese Ausfalltage dagegen auf 107 Millionen Fehltage mehr als verdoppelt.
Das geht aus der Regierungsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag hervor.
2017 gingen bei Männern 21 Prozent aller Ausfalltage auf psychische Störungen oder Verhaltensstörungen zurück, bei Frauen waren es 14 Prozent.
Mehr Frühverrentungen
Die volkswirtschaftlichen Kosten durch Produktionsausfall und nicht realisierte Bruttowertschöpfung sind hoch: 2017 waren dies insgesamt 33,9 Milliarden Euro, im Jahr 2007 belief sich die Summe noch auf 12,4 Milliarden Euro.
Die Entwicklung des Krankheitsgeschehens spiegelt sich in den Zahlen zur Frühverrentung wider. Vor zwei Jahren sind 71.303 Frauen und Männer mit der Diagnose „psychischer Störungen“ frühzeitig in Rente gegangen, zehn Jahre zuvor hatte die Zahl noch bei 53.888 gelegen.
Zuletzt wurde fast jede zweite Frau (49,3 Prozent) wegen einer F-Diagnose frühverrentet, bei Männern waren es 36,7 Prozent (Gesamt: 43 Prozent). Zum Vergleich: Vor 20 Jahren (1997) erfolgte noch jede fünfte Frühverrentung auf Basis einer solchen Diagnose.
"Multifaktorielles Ursachengeschehen"
Das Bundesarbeitsministerium zitiert in der Antwort aus Befragungen von Erwerbstätigen durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), wonach „zwischen Ende der 90er und Mitte der 200er Jahre eine erhebliche Steigerung der Belastungswerte“ in der Arbeitswelt stattgefunden habe. Die genauen Ursachen für diese Entwicklung seien jedoch „schwer empirisch zu ermitteln“.
Psychischen Belastungen liege ein „multifaktorielles Ursachengeschehen“ zugrunde. Aus den vorliegenden Erkenntnissen lasse sich daher „keine hinreichend konkreten Gestaltungsanforderungen ableiten (...), die in einer Arbeitschutzverordnung geregelt werden können“.
Entsprechend reserviert zeigt sich die Regierung mit Blick auf eine „Anti-Stress-Verordnung“, die von den Arbeitgebern abgelehnt wird. Hier sehe man „weiterhin Prüfbedarf“. „Betriebliche Gestaltungslösungen“ könnten eher zu einem Ausgleich von Anforderungen und vorhandenen Ressourcen beitragen als ein regulativer Ansatz.
Das sieht Jutta Krellmann, arbeitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, anders. Sie spricht sich für eine Anti-Stress-Verordnung aus, da Beschäftigte „über ihre Belastungsgrenze getrieben“ würden.
Während der daraus erwachsene ökonomische Schaden immer größer werde, schaue die „Bundesregierung Däumchen drehend zu“, kritisiert sie. (fst)
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 26.03.2019 um 16:39 Uhr.