Schock auf dem Fußballplatz

Was war die Ursache?

Luftnot, Schwindel und Bewusstlosigkeit bei einem Fußballspieler; Atemnot nach dem Gemüseschälen: Diese kuriosen allergologischen Kasuistiken brachten Ärzte ins Grübeln - und besitzen auch hohe Relevanz für die Praxis.

Von Beate Fessler Veröffentlicht:

LEIPZIG. Zehn Minuten nach dem Bundesligaspiel war es soweit: Der Spieler entwickelte unter der Dusche innerhalb von wenigen Augenblicken eine Schwellung im Gesichtsbereich, verbunden mit thorakalem Druckgefühl, Luftnot und Schwindel sowie einer kurzfristigen Bewusstlosigkeit.

Und es war nicht der erste Vorfall dieser Art. Ein ähnliches Ereignis sei einige Wochen davor ebenfalls nach einem Fußballspiel aufgetreten, berichtete der Patient.

Zum Zeitpunkt der Untersuchung war der Patient komplett beschwerdefrei, hatte aber in den letzten Wochen wegen der Sommerpause nicht intensiv trainiert.

Zudem berichtete er über typische allergische Symptome wie Augenjucken, laufende Nase und Schnupfen seit sechs Jahren, zwischen März und Juli, die im Verlauf der Jahre kontinuierlich zugenommen haben. Ansonsten war die allergologische Anamnese leer, insbesondere gab es keine Hinweise auf Nahrungs- oder Medikamentenallergien. Auch bei Tierhaar- oder Hausstaubexposition kam es zu keinen Beschwerden.

Belastungsinduzierte Anaphylaxie

Eine umfangreiche allergologische Diagnostik ergab eine positive Reaktion auf Gräser und Roggenpollen, Birke, Haselnuss und Erle. Nutritiv war der Patient allergisch auf Haselnuss und Apfel. Dagegen fielen die auf Weizen, Roggen, Soja, Sellerie und Karotte negativ aus. Dann kam es zu einem erneuten allergischen Schock, diesmal auf dem Fußballplatz.

Die Lösung für die Ursache der schweren allergischen Reaktion brachte schließlich der Einsatz rekombinanter Allergene in der Diagnostik: Der Fußballspieler litt unter einer Nahrungsmittel-abhängigen belastungsinduzierten Anaphylaxie bei Allergie gegen Soja (Gly m 4).

Der Spieler hatte während des Spiels Sojadrinks zu sich genommen. Die Allergie gegen dieses Nahrungsmittel exazerbierte unter der Belastung. Ohne Belastung traten dagegen keine Beschwerden auf, erläuterte Dr. Hartmut Timmermann, niedergelassener Allergologe aus Hamburg bei einer Kasuistikkonferenz in Leipzig. Gleichzeitig betonte er die Bedeutung der rekombinanten Allergie- Diagnostik.

Allergie gegen Küchenarbeit?

Einen weiteren Fall stellte Dr. Jens-Oliver Steiß, Kinder- und Jugendarzt aus Fulda vor: Krabben, Kohlrabi, Karpfen, Kartoffeln, Kichererbsen, Knoblauch und einige Lebensmittel mehr wurden für eine Silvesterparty eingekauft und sollten nun verarbeitet werden.

Sohn Tom war zuständig für das Schneiden und Schälen von Obst, Gemüse und Meeresfrüchten. Dabei klagte er plötzlich über Juckreiz und Atemnot. Es kommt zur Schwellung der Mundschleimhaut, Lidödemen und Quaddeln.

Der herbeigerufene Notarzt bringt Tom in die Klinik. Der Krankheitszustand bessert sich beim Verlassen der Küche, mehrfacher Inhalation von Salbutamol sowie der Gabe eines Antihistaminikums und systemischer Kortikoide. Anamnestisch werden alle Nahrungsmittel gut vertragen. Anders das Ergebnis der Allergiediagnostik: Hier konnte spezifisches IgE gegen die Kartoffel gefunden werden.

Eine Kartoffelallergie, so Steiß, ist extrem selten. Nur bei etwa 2,7 Prozent der Patienten mit einer systemischen Nahrungsmittelallergie ist die Kartoffel der Auslöser. Und meist richtet sich die Reaktion gegen rohe Kartoffeln. Hauptallergen ist das Speicherprotein Patatin, das möglicherweise hitzelabil ist. Und es ist kreuzreaktiv mit Hev b 7, einem Latexallergen.

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