Koalition einig

Weg für Reform der Pflegeberufe ist frei

Nach langem Ringen soll die Pflege-Ausbildung reformiert werden. Der Weg für die Reform sei frei, teilten die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Carola Reimann und Karl Lauterbach am Donnerstagabend in Berlin mit. Über die endgültige Einführung der Generalistik sollen die zukünftigen Auszubildenden in der Pflege mit den Füßen abstimmen. Die Reform muss nun noch einmal ein Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.

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In der Koalition kam es nun beim Pflegeberufsgesetz zu einer Einigung: Basis ist eine zweijährige generalistische Ausbildung.

In der Koalition kam es nun beim Pflegeberufsgesetz zu einer Einigung: Basis ist eine zweijährige generalistische Ausbildung.

© fotomek / Fotolia

BERLIN. Nach ersten Informationen soll künftig in allen Pflegeschulen die Ausbildung mit einer zweijährigen generalistischen Pflegeausbildung beginnen. Nach zwei Jahren sollen die Auszubildenden die generalistische Ausbildung fortsetzen oder den bisherigen Abschluss als Altenpfleger oder Kinderkrankenpfleger wählen können. In der generalistischen Ausbildung soll es eine Vertiefung in der Alten- und Kinderkrankenpflege geben. Einen Einzelabschluss in der Krankenpflege soll es künftig nicht mehr geben.

Die SPD-Politiker verwiesen auf einen entsprechenden Kompromissvorschlags von Lauterbach und Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU). Sie teilten mit, SPD- und Unionsfraktion hätten sich nach Vorlage dieses Vorschlags verständigt. Nüßlein sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Unionsfraktion wird nicht von dem Kompromiss abweichen." Wenn die SPD nun mitziehe, sei der Weg für die Reform frei. Neue Gespräche habe es darüber innerhalb der Koalition nun nicht mehr gegeben.

Ende März war bereits die Verkündung des Durchbruchs bei dem Thema durch Nüßlein und Lauterbach angekündigt worden. Dann erschien aber Nüßlein alleine vor der Presse und teilte mit, in der SPD-Fraktion werde noch kräftig diskutiert.

Sechs Jahre nach Beginn der neuen Ausbildung sollen Gesundheits- und Familienministerium die Zahl der einzelnen Abschlüsse auswerten, teilten Reimann und Lauterbach mit. Hätten mehr als 50 Prozent den generalistischen Abschluss mit Schwerpunkt gewählt, sollten die eigenständigen Berufsabschlüsse nicht mehr weitergeführt werden. Über Abschaffung oder Beibehaltung entscheide dann der Bundestag. Die Neuregelungen sollen für die Ausbildungsjahrgänge ab 2019 gelten.

Weniger Lohngefälle erwartet

„Ich gehe davon aus, dass weit mehr als die Hälfte der Auszubildenden sich für die Generalistik entscheiden wird“, sagte SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach. Ein Grund: Die breiter einsetzbaren generalistisch ausgebildeten Pflegefachkräfte dürften besser bezahlt werden. Heute kann der Lohnabstand zwischen Alten- und Krankenpflege noch um die 800 Euro im Monat betragen, hat ein vom Pflegebeauftragten der Regierung Karl Josef Laumann in Auftrag gegebenes Gutachten ergeben. Lauterbach erwartet, dass sich das Lohngefälle zu Gunsten der Altenpflege verbessert.

Die Finanzierung aller Ausbildungswege erfolge unterschiedslos über einen gemeinsamen Ausbildungsfonds. Das Schulgeld in der Altenpflege soll damit entfallen. "Damit erreichen wir für die Auszubildenden die größtmögliche Entscheidungsfreiheit, und durch diese Entscheidungsfreiheit der Auszubildenden wird sich das bessere Modell am Arbeitsmarkt durchsetzen", so Reimann und Lauterbach.

Der Kabinettsbeschluss vom Januar 2016 wird mit der Einigung hinfällig. Damals hatte sich Angela Merkels Ministerrunde auf eine dreijährige gemeinsame Ausbildung aller drei Ausbildungsberufe in der Pflege verständigt. Die jetzt eingezogenen Wahlmöglichkeiten waren noch nicht im Gespräch. Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetzgebungsverfahren noch in der laufenden Legislaturperiode durchgezogen werden könne. Ein Referentenentwurf könne nun zügig erarbeitet werden. Die reguläre Arbeit des Parlaments in dieser Wahlperiode endet am 30. Juni. Bis dahin gibt es noch fünf Sitzungswochen.

Kritik vom Arbeitgeberverband Pflege und DKG

Die Einigung auf die Reform der Pflegeausbildung stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung. Alte Menschen und die Altenpflege könnten zum Opfer dieser Reform werden, stellte der Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege, Thomas Greiner, dazu fest. Aufgrund „bürokratischen Kuddelmuddels“ würden die Unternehmen weniger ausbilden, erwartet Greiner. Vor allem Hauptschüler würden von einem Mehr an theoretischem Unterricht abgeschreckt.

Der Kompromiss löse den Politikstau, schaffe aber derzeit nicht überschaubare Umsetzungsprobleme, bremst auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die erste Freude über die Einigung, die sie grundsätzlich begrüßt. In einer Pressemitteilung konkretisiert die DKG: "Für die Krankenhäuser ist die Personalsicherung die zentrale Herausforderung. Deshalb hoffen wir sehr, dass die konkrete Ausgestaltung des Pflegeberufereformgesetzes zeitnah erfolgt und diesem Ziel auch gerecht wird.

Für die Bewertung der Ausbildungsreform sei insbesondere die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung von Bedeutung, die die konkreten Inhalte der Ausbildung vorgeben muss. "Wir müssen auch sehen, ob die Planungen auf den vorhandenen Ausbildungsstrukturen sinnhaft aufsetzen, die Finanzierung gesichert ist und die Umsetzung praktikabel ist. Dies gilt insbesondere für die Kinderkrankenpflege", so die DKG.

 Sinnvoller als die im Kompromiss enthaltene Möglichkeit, nach zwei Jahren generalistischer Ausbildung den Abschluss Pflegeassistenz zu erwerben, wäre nach Ansicht der DKG zudem eine eigenständige staatlich anerkannte zweijährige Ausbildung zum Pflegeassistenzberuf mit entsprechend angepassten Ausbildungsinhalten. "Auszubildende mit Berufswunsch Pflegeassistenz dürfen nicht die Plätze für den Generalistikabschluss blockieren", so Hauptgeschäftsführer Georg Baum. (af/dpa/run)

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