Monopolkommission

Darf es mehr Selektivversorgung sein?

Wie geht mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen? Die Monopolkommission empfiehlt für die GKV mehr Hausarztverträge und für die PKV eine flexiblere Übertragung der Altersrückstellungen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, präsentiert am Dienstag das Sondergutachten zur Krankenversicherung.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, präsentiert am Dienstag das Sondergutachten zur Krankenversicherung.

© picture alliance / Jörg Carsten

BERLIN. Die Menschen werden älter, die Beiträge für die gesetzliche und die private Krankenversicherung drohen in absehbarer Zeit abzuheben. Für die Monopolkommission Anlass, ohne Auftrag der Regierung ein Sondergutachten zu erstellen. Thema: Stand und Perspektiven des Wettbewerbs im deutschen Krankenversicherungssystem.

Um den Herausforderungen zu begegnen, sei es nicht nötig, das Finanzierungssystem umzukrempeln, sagte der Vorsitzende der Monopolkommission Professor Achim Wambach vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim bei der Vorstellung des Gutachtens am Dienstag in Berlin. Kostendämpfend wirken sollen, geht es nach den Vorstellungen des unabhängigen Beratergremiums, die Wiederbelebung der Wahltarife und der Praxisgebühr sowie Möglichkeiten für die Kassen, über Selektivverträge die Versicherten zu Ärzten und in Krankenhäuser zu steuern. Helfen könnte laut Gutachten auch die Beendigung der "Unterdigitalisierung" des Gesundheitswesens in Deutschland und die Implementierung wettbewerblicher Elemente auch in den Finanzausgleich der Kassen untereinander.

Vor allem die hausarztzentrierte Versorgung nach dem Vorbild von Baden-Württemberg haben die Mitglieder im Sinn, wenn sie von Wahltarifen sprechen. Jeder GKV-Versicherte sollte aber alle Tarife "diskriminierungsfrei" angeboten bekommen. An der Spitze des Tarifportfolios sollte der Standardtarif für die Regelversorgung stehen, schlagen die Wissenschaftler vor. Für die von der Regelversorgung abweichenden Tarife könnten dann günstigere Beiträge mit den Versicherten vereinbart werden.

Um die hohe Zahl von Arztkontakten zu beeinflussen, schwebt der Kommission die Neuauflage der Praxisgebühr vor. Sie solle dann greifen, wenn Versicherte Leistungen außerhalb des von ihnen gewählten Tarifs in Anspruch nehmen.

Um der hausarztzentrierten Versorgung weiteren Schub zu verleihen, sollten gesetzliche Hemmnisse aus dem Weg geräumt werden, sagte Wambach. So sollte die Pflicht aufgehoben werden, nach welcher der Abschluss von Verträgen mit Gemeinschaften von Hausärzten erfolgen muss, die zumindest die Hälfte der Hausärzte im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung vertreten.

Wettbewerb im Bestandskundenmarkt fordert die Kommission für die private Assekuranz. Eine Öffnungsklausel in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sollte nach Ansicht des Gremiums Verhandlungsoptionen für Ärzte, Kliniken und private Krankenversicherer eröffnen. In den Gebührenordnungen sollten Höchstpreise an die Stelle von Mindestsätzen treten. Für zentral halten die Wettbewerbsanalysten zudem eine deutlich höhere Mitnahme der Alterungsrückstellungen als bisher beim Wechsel des Anbieters.

Für das Ausgleichssystem der Krankenkassen, den Risikostrukturausgleich, empfiehlt die Kommission eine einheitliche Aufsicht für regional und bundesweit geöffnete Kassen. Zudem sollte es regional differenzierte Zusatzbeiträge geben. Schließlich sollten Präventionsanstrengungen der Kassen in den Risikostrukturausgleich eingerechnet werden.

Zustimmung erfuhren die Gutachter von den Betriebskrankenkassen. Es gebe begründeten Korrekturbedarf an gravierenden Mängeln des Ordnungsrahmens der GKV, hieß es in einer ersten Reaktion.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Auf Wiedervorlage, bitte!

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