Arzthaftung
Schlichtung dauert heute viel länger in Westfalen-Lippe
Seit 2014 erhalten Ärzte und Kliniken bei Schlichtungsverfahren in Westfalen-Lippe Gelegenheit zu frühzeitiger Stellungnahme. Dadurch werden die Verfahren aufwändiger– Das belastet die Ärztekammer zusehends.
Veröffentlicht:KÖLN. Um das außergerichtliche Schlichtungsverfahren zu optimieren, holt die Gutachterkommission für Arzthaftpflichtfragen der Ärztekammer Westfalen-Lippe jetzt von den beteiligten Haftpflichtversicherern für die Dauer eines Jahres ein Feedback ein. Die Unternehmen sollen der Kommission bei einem Widerspruch die Gründe erläutern. Zum anderen können die Versicherer nach Abschluss eines Verfahrens mitteilen, wie sie das Ergebnis bewerten.
"Wir wollen wissen, ob die Versicherer mit unseren Gutachten und Stellungnahmen etwas anfangen können", erklärt die ärztliche Leiterin der Gutachterkommission Dr. Marion Wüller. So lasse sich erkennen, wo Verbesserungsbedarf besteht. In der Vergangenheit habe es etwa Kritik an der für Laien zum Teil unverständlichen Fachsprache gegeben.
Die Kommission will auch die Gründe erfahren, wenn ein Arzt auf Rat seines Haftpflichtversicherers einem Verfahren widerspricht. "Bei rund 70 Prozent der Widersprüche wissen wir nicht, warum sie erfolgen", berichtet Wüller.
Mehr Widersprüche
Die Anzahl der Widersprüche habe in den vergangenen Jahren zugenommen. 2017 registrierte die Kommission 272 Widersprüche – bei insgesamt 1463 eingegangenen Anträgen. Seit einer Satzungsänderung zum 1. Juli 2014 werden in Westfalen-Lippe die Versicherer und die Klinikträger von Anfang an in die Verfahren der Gutachterkommission einbezogen.
Laut Wüller hat sich das bewährt. "Es ist für alle Verfahrensbeteiligten von Vorteil, wenn offene Fragen geklärt werden können." Dadurch sei das Prozedere aber auch aufwendiger geworden. Ärzte und Kliniken erhielten die Gutachten erst einmal zur Stellungnahme. "Das macht die Verfahren länger, die Akten sind dicker geworden".
Die fehlende Möglichkeit zur Stellungnahme sei in der Vergangenheit immer wieder bemängelt worden. Auch die Patienten würden einbezogen, sie könnten beispielsweise sagen, welche Fragen aus ihrer Sicht unbedingt geklärt werden sollten. Wüller: "Mit dem neuen Vorgehen erzielen wir hoffentlich bessere Ergebnisse".
1756 von über 3000 Verfahren fertig gemacht
2017 musste die Kommission nach dem jetzt vorgelegten Jahresbericht neben 1463 neuen Anträgen auch noch weitere 1790 offene Verfahren aus den Vorjahren bearbeiten. Von den 3253 Verfahren konnten die Kommissionsmitglieder 1756 erledigen.
Bei 516 gab es keine Sachentscheidung: Der Arzt widersprach dem Verfahren, der Patient zog den Antrag zurück, die Behandlung hatte nicht in Westfalen-Lippe stattgefunden oder lag mehr als zehn Jahre zurück.
Bei den 1240 Sachentscheidungen kamen die Gutachter in 951 Fällen (77 Prozent) zu dem Ergebnis, dass kein Behandlungsfehler vorlag. In 289 Fällen stellten sie einen Behandlungsfehler oder einen Aufklärungsmangel fest.
Er hatte bei 221 Patienten zu einem Gesundheitsschaden geführt. In 68 Fällen konnte die Kommission nicht mit der erforderlichen Gewissheit klären, ob ein Gesundheitsschaden kausal auf den Behandlungsfehler zurückzuführen war.