Bundesamt für Soziale Sicherung

Kassenaufsicht macht Mängel in der Hilfsmittelversorgung aus

Über 28 Millionen Hilfsmittelanträge hatten die Krankenkassen zuletzt zu entscheiden. Antragstellende wollen schnell und gut versorgt sein. Hier aber hapert es, wie ein Bericht des Bundesamts für Soziale Sicherung zeigt.

Veröffentlicht:
Junge im Rollstuhl beim Volleyballspiel: Das BAS kritisiert die laufende Hilfsmittelversorgung durch die Kassen als in Teilen lückenhaft und intransparent.

Junge im Rollstuhl beim Volleyballspiel: Das BAS kritisiert die laufende Hilfsmittelversorgung durch die Kassen als in Teilen lückenhaft und intransparent.

© StefaNikolic / Getty Images / iStock

Berlin. Zu wenige Verträge, kaum Transparenz, nur selten Qualitätsstichproben: Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat erneut Kritik an der Hilfsmittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geübt.

Vorgaben des Gesetzgebers zur Versorgung mit Hilfsmitteln wie Rollstühlen, Hörgeräten oder Prothesen würden von den Kassen nicht oder nicht hinreichend umgesetzt, monieren die Bundesbeamten in einem am Montag veröffentlichten gut 70-seitigen Sonderbericht.

Beispielsweise verfügten nicht alle Kassen über eine ausreichende Anzahl an Verträgen zu bestimmten Hilfsmitteln. Lediglich für die Produktgruppen „Bandagen“, „Inhalations- und Atemtherapiegeräte“ sowie „Inkontinenzhilfen“ und „Hilfsmittel zur Kompressionstherapie“ hätten derzeit alle Krankenkassen Verträge mit entsprechenden Leistungserbringern gemeldet.

Lesen sie auch

Wenig Transparenz bei Vertragsinhalten

Darüber hinaus kämen die bundesunmittelbaren Kassen nur vereinzelt ihrer Pflicht nach, über entsprechende Vertragsinhalte mit Hilfsmittelanbietern zu informieren. Dies aber erschwere einen Vergleich der Leistungsangebote verschiedener Kassen, stellt das BAS fest.

Beim GKV-Spitzenverband ist die Kritik angekommen. „Den Bericht des Bundesversicherungsamtes werden wir sorgfältig auswerten, für eine konkrete Bewertung ist es jedoch noch zu früh“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der Ärzte Zeitung.

Bundesamt bemängelt Qualitätskontrolle

Bemängelt wird im Bericht außerdem, dass viele Krankenkassen keine „strukturierten Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen“ einleiten, um die Qualität einzelner Hilfsmittel sicherzustellen. Beratungen der Leistungserbringer zu den Angeboten würden teils nur in digitaler Form vorgehalten.

Zum Hintergrund: Versicherte haben laut Fünften Sozialgesetzbuch Anspruch auf eine Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn diese den Erfolg der Krankenbehandlung sichern, eine drohende Behinderung vorbeugen oder diese ausgleichen. Das Ausgabenvolumen für medizinische und pflegerische Hilfsmittel lag zuletzt bei rund 9,3 Milliarden Euro (2020).

Auch wenn diese Ausgaben lediglich 3,7 Prozent der gesamten Leistungsausgaben der Kassen ausmachten, habe die Hilfsmittelversorgung wegen der Vielzahl von gut 28 Millionen Fällen „wesentliche Bedeutung“, schreibt das BAS. Für viele Menschen sei die Versorgung mit Hilfsmitteln in den unterschiedlichsten Lebenssituationen „Grundvoraussetzung für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“.

„Wettbewerbsmodell hat sich nicht bewährt“

Als Konsequenz aus seinem Bericht drängt das BAS darauf, den Rechtsrahmen der Hilfsmittelversorgung grundsätzlich zu überarbeiten. „Ein wesentlicher Baustein ist dabei unsere Einschätzung, dass sich das wettbewerbsbasierte Vertragsmodell in der Hilfsmittelversorgung nicht bewährt hat“, erklärte BAS-Präsident Frank Plate am Montag.

Als sinnvoll erachte seine Behörde daher eine Rückkehr zur Zulassung der Leistungserbringer „per Verwaltungsakt“ sowie landesweit einheitliche Versorgungsverträge, so Plate. Eine etwaige Reform sei umso dringlicher, als dass ein Zugang der Versicherten zu einer „flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Hilfsmitteln im Sachleistungssystem“ nicht erreicht worden sei, heißt es im BAS-Bericht. (hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Dr. Daniel Kitterer ist Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie im Internistisch-Hausärztlichen-Zentrum Grafenau.

© Dr. Daniel Kitterer

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Neuerungen der KDIGO-Leitlinie zur chronischen Niereninsuffizienz

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Ingelheim am Rhein, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg
Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

© Paolese / stock.adobe.com (Model mit Symbolcharakter)

Neuer Therapieansatz bei erektiler Dysfunktion

Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Kranus Health GmbH, München
Prof. Dr. Zitzmann ist Oberarzt in der Andrologie am Uniklinikum Münster und Experte für die Behandlung von Testosteronmangel.

© Porträt: Wilfried Gerharz | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Testosteronmangel erkennen und behandeln!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Besins Healthcare Germany GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!