Überwachungsweste soll Leben retten

Bei der CeBIT waren die sogenannten "wearable Computer" für Patienten und Freizeitsportler ein wichtiges Thema. Die Entwicklung der Sensoren für die Überwachung von Herz und Lunge bleibt nicht stehen, wie ein Beispiel aus Bremen zeigt.

Von Eckhard Stengel Veröffentlicht:
Dummy mit Lifeshirt: Bis zur Serienreife dauert es noch Jahre.

Dummy mit Lifeshirt: Bis zur Serienreife dauert es noch Jahre.

© Fraunhofer

BREMEN. Mini-Technik mit Maxi-Wirkung: Das "Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik" (TZI) an der Universität Bremen hat eine Art Überwachungsweste entwickelt, die den Alltag von Lungen- oder Herzkranken und die Arbeit der behandelnden Ärzte erleichtern soll.

"Lifeshirt" nennt sich das ärmellose, hautenge Bekleidungsstück mit Reißverschluss, das vor allem für chronisch Kranke gedacht ist.

Dr. Peter Hoffmann, Geschäftsführer der TZI-Abteilung für mobile Lösungen, erläutert die Funktionsweise so: Kleine Sensoren messen den Herzschlag sowie Veränderungen des Brustkorbvolumens und überwachen dadurch die Lungenfunktion. Denkbar sei auch, zusätzlich ein Mikrofon zu installieren, um Husten aufzunehmen.

Gespeichert werden die Daten zunächst in einem so genannten "Data Handler". Dieser Minicomputer, etwa so groß wie ein PDA (Personal Digital Assistant), wird in einer Westentasche in dem Kleidungsstück mitgeführt.

Das Lifeshirt hat auch eine Notfallfunktion: Bei besonders gefährdeten Patienten können die Befunde aktuell vom Data Handler an das Mobiltelefon des Kranken und von dort wiederum an eine Notfallzentrale gesendet werden, die bei Bedarf Hilfe organisiert.

Das System ist ideal für Langzeitüberwachung

Vor allem aber soll das neue System laut Informatiker Hoffmann die Langzeitüberwachung erleichtern.

Wenn chronisch Kranke ihren behandelnden Arzt aufsuchen, lassen sich die gesammelten Daten nämlich per Kabel oder Funk (WLAN, Bluetooth) auf den Praxiscomputer überspielen.

Oder der Patient sendet die Aufzeichnungen schon vorab per Internet, damit sich der behandelnde Arzt vor dem Besuch in Ruhe einlesen kann.

In einer nächsten Entwicklungsstufe soll das Lifeshirt sogar selber Alarm schlagen können: Sobald es auffällige Daten registriert, soll es den Patienten zu einem Arztbesuch animieren.

"Wir wollen damit die Lebensqualität von chronisch Kranken ein bisschen erhöhen", sagt Hoffmann. Sie könnten sich künftig leichter aus dem Haus trauen, "auch wenn sie sich nicht so gut fühlen".

Die Sensoren lassen sich waschen und bügeln

Vier Jahre lang hat das TZI an dem Prototypen getüftelt, wobei auch ein Textilhersteller und ein Fraunhofer-Institut mithalfen.

Die EU finanzierte das Projekt mit 10,4 Millionen Euro. Jetzt ist die Textilfirma am Zug. Sie soll die Weste zur Serienreife bringen. Bis zur Markteinführung dürfte es zwei bis drei Jahre dauern, schätzt Hoffmann.

Vielleicht wird auch noch die Form geändert. Denn praktischer als eine Weste, die in verschiedenen Größen produziert werden müsste, könnte eine Art Brustgürtel sein.

Alltagstauglich wäre aber auch das Shirt: Laut Hoffmann kann es mitsamt den eingenähten Sensoren gewaschen und gebügelt werden. "Nur den Data Handler sollte man vorher entfernen."

Motorsäge "Horst" schützt ihren Anwender

Was alles mit modernen Sensoren an Kleidungsstücken möglich ist, zeigt das Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) in Bremen mit der Entwicklung einer Forstarbeiterhose, die mit einer Kettensäge kommuniziert, um Unfälle zu verhindern. Die Bremer Forscher haben eine handelsübliche "Schnittschutzhose" - also eine besonders verstärkte Latzhose - mit kleinen Sensoren ausgerüstet. Über einen Minisender stehen sie in Kontakt zu einem Empfänger an der Motorsäge. Wenn sich Mensch und Maschine zu nahe kommen, schaltet sich die Säge automatisch ab. Der Nutzer kann die kritische Entfernung vorher einstellen - auf 5 bis 10 Zentimeter Abstand.

"Horst" heißt der Prototyp - eine Mischung aus "Hose" und "Forst". Für ihre Entwicklung, die fast eine Million Euro aus dem Etat des Bundesforschungsministeriums kostete, setzten sich die Bremer Informatiker mit Sägenherstellern, Sensorikern, einem Textilinstitut und Berufsverbänden zusammen. Jetzt muss auch hier ein Hersteller gefunden werden, der das Produkt zur Marktreife bringt. (stg)

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