Tiere und Kinder

Bei Hundebiss in die Hand früh in die Notaufnahme!

Hundebisse an Arm oder Hand infizieren sich bei Kindern möglicherweise leichter als ein Hundebiss ins Bein. Die Autoren einer US-amerikanischen Studie raten dringend zu einer raschen Versorgung in der Notaufnahme.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Manchmal schnappen Hunde beim Spielen zu. Besonders gefährlich: ein Biss in die Hand.

Manchmal schnappen Hunde beim Spielen zu. Besonders gefährlich: ein Biss in die Hand.

© Andrey Bandurenko / fotolia.com

EL PASO, TEXAS. Wenn Hunde zuschnappen, tun sie das bevorzugt bei kleinen Kindern. Über die Hälfte aller Opfer von Hundebissen sind unter zwölf Jahre alt.

Dass es dabei oft die oberen Extremitäten erwischt, ist naheliegend: Der Hund schnappt sich das, was auf Höhe seiner Schnauze liegt. Aber ist ein Biss in den Arm oder die Hand gefährlicher als beispielsweise ein Biss ins Bein?

 Dieser Frage widmete sich ein Forscherteam um Joshua Speirs aus dem texanischen El Paso (Journal of Paediatrics and Child Health 2015; online 17. Juni).

An ihrer Studie nahmen 116 Patienten unter 19 Jahren teil, die wegen einer Hundebissverletzung in die Notaufnahme des Texas Tech University Health Science Center gekommen waren.

26 Kinder waren an der oberen Extremität geschnappt worden, bei 41 Kindern hatte der Hund das Bein erwischt. Die restlichen Bisse entfielen auf das Gesicht oder den Körperstamm.

Bisse ins Bein verliefen glimpflicher

Knapp ein Viertel (23 Prozent) der Patienten mit Bissen in Arm oder Hand musste stationär versorgt werden; die Betroffenen wurden entweder operiert oder erhielten parenteral Antibiotika. Dagegen musste von den Kindern, die ins Bein gebissen worden waren, kein einziges im Krankenhaus aufgenommen werden (p = 0,0023).

Nur bei 20 Patienten ließ sich im Nachhinein - es handelte sich um eine retrospektive Studie - feststellen, wie viel Zeit zwischen Hundebiss und Notaufnahme vergangen war.

Davon hing der weitere Verlauf entscheidend ab: Von den 14 Patienten, die man noch am selben Tag notfallmäßig versorgt hatte, mussten nur zwei stationär aufgenommen werden. Bei vier Kindern hatte man einen Tag abgewartet; davon wurden zwei hospitalisiert. Zwei Kinder hatten sich erst am zweiten Tag nach der Verletzung präsentiert.

In beiden Fällen war der Klinikaufenthalt unumgänglich. Gegenüber den umgehend versorgten Kindern betrug das relative Risiko einer Klinikeinweisung und/oder Operation bei Patienten, die erst am nächsten oder übernächsten Tag in die Notaufnahme kamen, 3,5 bzw. 7,0.

Lazerationen und Abszesse

Die chirurgischen Interventionen betrafen zwei ausgedehnte Lazerationen der Hand, die ein Débridement mit Wundverschluss erforderten, sowie zwei Abszesse (hier wurde gespült und ebenfalls débridiert). Wundkulturen wurden von drei Patienten angelegt. In allen dreien fanden sich Pasteurella-Spezies.

"Bei einer verzögerten Wundversorgung steigt das Risiko akuter Infektionen und der damit verbundenen Folgen", warnen Speirs und Kollegen. Für Bisswunden an Arm oder Hand gelte offenbar ein höheres Infektionsrisiko als für solche am Bein.

Man müsse vor allem Familien auf diese Gefahren aufmerksam machen, um zu erreichen, dass Kinder mit entsprechenden Verletzungen frühzeitig in die Notaufnahme gelangen.

Antibiotika bei Handverletzungen

Um abschließende Empfehlungen geben zu können, sind größere prospektive Studien erforderlich. Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2001 (Cochrane Database Syst Rev. 2001; 2: CD001738) legt allerdings nahe, dass eine Antibiotikaprophylaxe speziell bei Bissverletzungen der Hand (im Gegensatz zu Hundebissen an anderen Körperstellen) möglicherweise vor Infektionen schützt.

Die Autoren einer Publikation im "Emergency Medicine Journal (2015, online 29. Januar)" warnen außerdem vor "stichartigen und während der Behandlung verschlossenen Bisswunden". Vor allem bei diesen sei aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos eine prophylaktische Gabe von Antibiotika zu erwägen.

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Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 04.08.201513:35 Uhr

Hundebisse

Da spricht nach m.E. der Human-Chirurg Dr. Bayerle absolut die richtige Kritik an einer weiteren US-Studie aus, und warnt zugleich aus ärztlicher Sicht vor unsinnigen Behandlungen in der Erstversorung.
Bei Hundebissen schwebt zunächst immer das diffuse Damokles-Schwert "Tollwut" über uns allen; gottlob oftmals nur virtuell.
Die tatsächliche Rabies-Gefahr ist i.d.R. anamnestisch durch Befragung der Gebissenen, des Hundehalters und dem Veterinäramt aber relativ schnell und leicht abzukären.
Was die Hunde-Bißwunde anbelangt, dürfte die in den meisten Fällen eine oberflächlich blutende R i ßwunde bis auf die Unterhaut sein. (s.a. das Reißzahn-Gebiss der Caniden)
Wegen der immer noch latenten Tollwut-Virus-Gefahr durch "Streuner" -besonders in den sog. ELändern unserer Welt- sollte nach meinem hygienischen Ermessen als Sofortmaßnahme der Hundebiß mit einer alkalischen Seifenwaschung rel. wirksam und unschädlich desinfiziert werden!
Dagegen dringen Katzenbisse in die Hand schon mal injektionsnadel-ähnlich ein, so daß sogar eine systemische Behandlung erforderlich sein könnte -wie das natürlich bei Hundebissen in den Kopfbereich obligat sein sollte. In jedem Falle wird der Chirurg solche Wunden niemals zunähen oder zukleistern, und dennoch ästhetisch versorgen und an die kosmetische Langzeit- Wirkung seines Eingriffs denken, besonders bei Kinder- und Frauen-Operationen.
Obwohl die USA großflächig als tollwutfrei durch die WHO erklärt sind, scheint die rasche Hospitalisierung von durch Hunde gebissenen Patienten mit den fragwürdigen Behandlungen besonders einträglich zu sein.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (Amtstierarzt und E-Helfer i.R.), Rostock

Dr. Wolfgang P. Bayerl 03.08.201522:43 Uhr

Statistik kann manchmal auch dumm machen.

1) bei Tierbissen ist die primäre Wundnaht verboten
in memoriam des Chirurgen Prof.Paul Leopold Friedrich * 1864 † 1916,
der mit Robert Koch zusammen gearbeitet hat.
.. weil im Gegensatz zur "Gelegenheitswunde" diese Keime sofort virulent sind.
2) ein klein bischen sollte man auch an das Tollwutrisiko denken.
1) + 2) erfordert schnelles (offenes) Behandeln.
3) die "Besonderheit" der Finger ist die senkrecht in die Tiefe gehende Bindegewebsschicht direkt unter der Dermis, welch das besonders gute Tastempfinden vermittelt, im Infektionfall ist das das "Panaritium", sollte jeder Chirurg kennen, das gibt es selbstverständlich auch bei den Zehen, die im Falle des Hundes (statistisch) durch den Schuh gut geschützt sind.
4) Grundsätzlich heilt eine Wunde besser je besser die Durchblutung ist, dabei ist der venöse Abfluss wichtiger.
Daher Arm immer besser als Bein und Hand besser als Fuß.
Im Tollwutfall, bei der die Viren an den Nervenstrukturen nach zentral wandern, sind dagegen die zentralen Bisse (Hals) bzgl. Tollwutrisiko wesentlich gefährlicher, es geht schneller. Ist die Krankheit einmal ausgebrochen (im Hirn), führt sie immer zum Tod.

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