Pathologen sehen sich nicht mehr als Kellerkinder
Pathologen wollen nicht länger als Hiwis von Krimikommissaren gelten. Schließlich stellen sie jede Krebsdiagnose im Land.
Veröffentlicht:BERLIN. Eine Aufwertung der Tumorzentren im Verhältnis zu den Organkrebszentren hat Professor Werner Schlake, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pathologen, angeregt.
Die Organkrebszentren schafften Redundanzen, die sich in den darüber angesiedelten Tumorzentren auflösen ließen, sagte Schlake anlässlich des Bundeskongresses Pathologie in Berlin. So betreibe jedes Organkrebszentrum ein eigenes Qualitätsmanagement, was die Arbeit der Pathologen stark bürokratisiere.
Hintergrund des Vorstoßes der Pathologen ist die Entwicklung, die die Berufsgruppe genommen hat. Von einem stillen Zuarbeiter habe sich der Pathologe zu einem zentralen und unverzichtbaren Partner der Krebszentren gemausert. "Jede der rund 400.000 Krebsdiagnosen im Jahr wird von einem Pathologen gestellt", sagte Schlake.
Wie die Radiologen gehörten auch die Pathologen zu den unverzichtbaren Teilnehmern an den für die Zentren vorgeschriebenen Tumorkonferenzen. Dadurch entwickele sich das Tumorzentrum zu einem "virtuellen Gesamtarzt", der mehr als die Summe von Organkrebszentren sei.
Da längst nicht mehr in jedem Krankenhaus ein Pathologe tätig sei, erfolgten viele Tumorkonferenzen inzwischen über das Internet. Befunde und Bilder ließen sich jeweils für alle Teilnehmer der Konferenz sichtbar einspielen.
Schlake warnte die Krankenhäuser davor, das Outsourcing von Pathologien weiter zu treiben. Schon heute seien von den 1200 Pathologen in Deutschland rund die Hälfte niedergelassen.
Kritik übte Schlake an Restriktionen, die manche Länder den Organkrebszentren auferlegten. So dürfe in Nordrhein-Westfalen jeweils nur ein Pathologe je Zentrum tätig werden. "Das zerstört gewachsene Strukturen und grenzt an ein Berufsverbot", sagte Schlake.
Die Konkurrenz unter den Zertifizierern hält Schlake für kontraproduktiv. Krebszentren werden von den Ärztekammern als auch von OnkoZert, einem Institut, das im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft arbeitet, zertifiziert. Weil es sich dabei um eine hoheitliche Aufgabe handele, seien die Kammern dafür geeigneter, sagte Schlake.
Rückenwind forderte Schlake zudem für die Obduktion. Die geringen Sektionsquoten seien ein medizinisches Problem.
Neueren Erkenntnissen zufolge stiegen die diagnostischen Fähigkeiten der Ärzte mit der Zahl der Obduktionen. Die Klärung der Todesursachen sei aus medizinischer Sicht ein wichtiges Mittel der Qualitätssicherung in den Krankenhäusern.