Fettverbrennung und Entzündung

Forscher entdecken Zusammenhang

Bei Mäusen haben Forscher entdeckt, wie Fettverbrennung und Entzündungsreaktionen zusammenhängen – und ließen die Nager trotz Kalorienreicher Kost kräftig abnehmen. Öffnet die Erkenntnis eine neue Therapieoption bei Adipositas-Patienten?

Veröffentlicht:
Mit Hilfe von Mäusen können Forscher den Zusammenhang von Entzündungen und Fettverbrennung verstehen.

Mit Hilfe von Mäusen können Forscher den Zusammenhang von Entzündungen und Fettverbrennung verstehen.

© Metzger / Fotolia

BONN. Mäuse lassen überflüssige Pfunde abschmelzen, indem unerwünschte weiße Fettzellen in energiezehrende braune Schlankmacherzellen umgewandelt werden. Bei Fettleibigkeit blockieren dagegen die bei Übergewicht häufigen Entzündungsreaktionen eine solche Umwandlung der Fettzellen, teilt die Uni Bonn mit.

Forscher der Uni Bonn hätten jetzt herausgefunden, dass hier der Entzündungsfaktor TNF alpha den cGMP-Signalweg unterdrücke und so verhindere, dass sich weiße in braune Fettzellen umwandeln lassen.

Offenbar könnte es bei der Bekämpfung der Adipositas ein möglicher Ansatzpunkt sein, neben der Verabreichung von cGMP-stimulierenden Wirkstoffen gleichzeitig noch die Entzündungsreaktionen zu hemmen.

Braune und weiße Fettzellen unterscheiden sich

"In Untersuchungen an Mäusen haben wir verschiedene Ansatzpunkte gefunden, lästige weiße Fettzellen in erwünschte braune Fettzellen umzuwandeln", berichtet Professor Alexander Pfeifer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn in der Mitteilung.

Die braunen Zellen verfügen über extrem viele Mitochondrien – diese Zellkraftwerke "verbrennen" weißes Fett, indem sie es in Wärmeenergie umwandeln. Folge: Steigt die Zahl brauner Zellen, verlieren die Mäuse deutlich an Gewicht.

Bei dieser Fettumwandlung spielt der Signalweg des Botenstoffs cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) eine wichtige Rolle. "Die erwünschten braunen Fettzellen sind auf cGMP angewiesen", erläutert Pfeifer.

Wie die Forscher in Studien an Mäusen zeigten, lässt sich zum Beispiel mit dem Wirkstoff Sildenafil oder einem Medikament gegen Lungenhochdruck die Zahl der weißen Fettzellen zugunsten der braunen reduzieren und damit die Fettverbrennung wie mit einem Turbo ankurbeln, do die Uni Bonn in ihrer Mitteilung.

Kalorienreiche Kost verabreicht – Mäuse nahmen ab

Ist dies eine mögliche Option, Adipositas effektiv zu behandeln und damit schwerwiegende Folgeerkrankungen zu verhindern? Dies ist die Fragestellung, die die Forscher in ihrer aktuellen Studie verfolgen. Sie verabreichten Mäusen eine besonders kalorienreiche Diät.

Anschließend untersuchten sie die Veränderungen im Fettgewebe der Tiere. Während es im Unterhautfett der adipösen Mäuse kaum zu Entzündungen kam und der cGMP-Signalweg weitgehend intakt war, sah dies beim tiefer sitzenden Bauchfett ganz anders aus: Durch die starke Gewichtszunahme hatten sich entzündliche Prozesse ausgebreitet und der Fettverbrennungsturbo cGMP war weitgehend zum Erliegen gekommen.

Damit sei gleich ein doppeltes Fiasko offenbar geworden, so die Uni Bonn in ihrer Mitteilung: Das Bauchfett wird sowieso im Vergleich zum Unterhautfett als viel gefährlicher eingestuft, weil es Entzündungen auslösen und zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern kann.

Nach den neuesten Ergebnissen der Forscher der Universität Bonn komme nun noch hinzu, dass dort auch das für die Fettverbrennung wichtige cGMP weitgehend blockiert war. Die Forscher fragten sich deshalb: Lässt sich diese Blockade vielleicht auch wieder lösen?

Wie hemmen Entzündungen die Fettverbrennung?

Dieser Frage ging Erstautor Abhishek Sanyal aus Pfeifers Team nach. Er untersuchte, auf welche Weise Entzündungen den cGMP-Signalweg hemmen.

"Der Tumornekrosefaktor alpha (TNF alpha) spielt hier eine wichtige Rolle", berichtet Sanyal in der Mitteilung. "Der Entzündungsfaktor TNF alpha unterdrückt den cGMP-Signalweg und verhindert damit, dass sich weiße in braune Fettzellen umwandeln lassen."

Dass diese Erkenntnisse nicht nur für Nagetiere, sondern auch für den menschlichen Organismus gelten, konnten die Wissenschaftler in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Leipzig und dem Karolinska-Institut Stockholm (Schweden) an humanen Unterhaut- und Bauchfettproben nachweisen.

Doch sind Anwendungen für Adipositas-Therapien des Menschen leider noch Zukunftsmusik.

Die Ergebnisse zeigen jedoch eine Richtung für die weitere Forschung auf: "Offenbar könnte es bei der Bekämpfung der Adipositas ein möglicher Ansatzpunkt sein, neben der Verabreichung von cGMP-stimulierenden Wirkstoffen gleichzeitig noch die Entzündungsreaktionen zu hemmen", wird Pfeifer zitiert (eb)

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Kommentare
Werner Seebauer 13.01.201712:03 Uhr

Interessante Signalwege, dies wird jedoch sicherlich nicht die Lösung sein


Ich habe noch nicht recherchieren können welcher Wirkstoff zur Stimulation des cGMP von den Pharmakologen bei den Mäusen eingesetzt wurde. Wirkstoffe, wie im erwähnten Sildenafil, haben eine Reihe an Kontraindikationen, die gerade auch bei stark übergewichtigen Menschen eher zutreffen können; zudem hat es teils häufige Nebenwirkungen, die im Kontext von Übergewicht infolge inadäquater Ernährung häufig auftreten (eine Nebenwirkung kann auch die Steigerung der Gewichtszunahme sein).
Es ist freilich wünschenswert die Fettverbrennung zu steigern und das Verhältnis zwischen weißem und braunem Fett zu beeinflussen. Allerdings ist die Botschaft „trotz besonders kalorienreicher Diät anzunehmen“ sicher der falsche Ansatz. Dieser Mechanismus ist wiederum ein Eingriff entgegen den natürlichen biologischen Stoffwechselreaktionen, wo es eine adäquate Energiezufuhr gemessen an der physischen Aktivität braucht – und optimaler Weise auch noch eine Nahrung mit reichlich Sekundären Pflanzenstoffen, reichlich Faserstoffen, sowie weniger schnell verfügbare Kohlenhydrate, weniger proinflammatorische Fettsäuren und freilich auch weniger Schadstoffe.
Freilich sind solche Forschungen und eventuell dann auch die medikamentösen Maßnahmen sinnvoll, wenn es bei hohen Risiken, wie einer konstanten Adipositas, die mit sonstigen Strategie nicht erfolgreich abgebaut werden konnte. Ich will jedoch darauf hinweisen, dass die Problematik viel komplexer ist und nicht allein auf der Ebene von Fettgewebe sowie dessen proinflammatorischen Effekten gesehen werden sollte.
Ich sehe im Alltag auch, dass eine bedenklich hohe Zahl an Menschen durch den Wandel verschiedener Lebensstilfaktoren übergewichtig oder gar adipös sind, und dass ohne Maßnahmen in der möglichst frühen Konditionierung (Bildung zur individuellen Verhaltensprävention begleitet durch gesellschaftliche Maßnahmen im Lebensumfeld zur Verhältnisprävention) es sehr schwer ist, die Gewohnheiten betreffs der Ernährung und physischen Aktivität effektiv und vor allem nachhaltig zu ändern. Ich sehe auch, dass viele Menschen nach der Pille zur möglicherweise schnellen Lösung suchen (ich vermeide hier „einfachen Lösung“ zu sagen, weil solche kurzfristigen und symptomatischen Lösungen meist die Ursachen nicht beseitigen und leider langfristig auch die unerwünschten Nebenwirkungen entfachen).
Ich will an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, wie der inadäquate Konsum an zu vielen proinflammatorischen Fettsäuren sowie schnell verstoffwechselbaren Kohlenhydraten (zu viele fast carbs in Kontrast zu den slow carbs), nicht nur den Insulinstoffwechsel, sondern auch lokale und systemische immunologische Prozessen sowie Resorptionsverhältnisse* von Nährstoffen nachteilig ändern. * (z.B. über die Darmflora und Auswirkungen auf die intestinalen Mukosa)
Die inadäquate Ernährung verändert über den veränderten Insulinstoffwechsel auch die Stressachse über den Hypothalamus, die Hypophyse und Nebenniere, worüber dann neben den Neurotransmittern auch zu viele der Hormone produziert werden, die Insulin antagonische Wirkungen haben (ein circulus vitiosus).
Dass dadurch und durch das vermehrte Fettgewebe (insbesondere viscerale Fettgewebe) mehr systemische Entzündungsbotenstoffe produziert werden, ist ein Faktor. Ein weiterer Faktor der Pathogenese vieler „Zivilisationskrankheiten“ liegt darin, dass vermehrt AGEs (Advanced Glycation End Products) sowohl durch die zu vielen fast carbs, aber auch durch andere Lebensmittel und bestimmte Zubereitungsmethoden, gebildet werden.
Durch die im Übermaß gebildeten endogenen AGEs als auch die Einschränkungen verschiedenster metabolischer Funktionen entstehen vermehrt oxidativer Stress und chronische Entzündungen, die sich gegenseitig fördern. Das Risiko von Arteriosklerose ebenso wie von Krebszellpromotion hängt von verschiedenen übersteigerten oxidativen Prozessen (Erhöhung der freien Sauerstoffradikale)

Wolfgang P. Bayerl 05.01.201720:25 Uhr

ich stimme meinem Vorredner 100% zu,

dass man endlich das Märchen von der gesteigerten Fettverbrennung als Ziel einer Adipositastherapie kritisiert und nicht fördert. Wer sich mit dem Stoffwechsel der Übergewichtigen nur ein wenig auskennt (Grundumsatz), der weis, dass dieser wegen dem Kalorienüberangebot nicht erniedrigt, sondern erhöht ist, Tag und Nacht.
Genau das ist die Krankheit, nicht das Gewicht als solches.
Diesen Stoffwechsel weiter zu steigern ist eine krankmachende SACKGASSE.
Historisch hat man das von Anfang an versucht auch mit Schilddrüsenhormonen (Hyperthyreose), schlicht eine Katastrophe, wie jeder Endokrinologe weis.
Es muss der Hebel selbstverständlich bei dem Überangebot der Kalorien angesetzt werden.
Nichts anderes macht auch die Übergewichtschirurgie, nach der die Patienten tatsächlich nach 2 Esslöffel SATT sind und aufhören zu essen.

Thomas Georg Schätzler 05.01.201715:28 Uhr

"Rauchen, Saufen, Fressen, bis der Arzt kommt?"

Viele unserer Patientinnen und Patienten scheinen nach dem Motto zu leben: Rauchen, Saufen, Fressen, bis der Arzt kommt.

Zur Not hilft dann die bariatrische Chirurgie, mittels derer die Entzündungs-fördernden und -erhaltenden weißen Fettzellen des viszeralen Fettgewebes reduziert und hoffentlich in braune Fettzellen umgewandelt werden können.

Jetzt leuchtet ein internistischer Hoffnungsschimmer am Horizont auf: Durch Reduzierung des Entzündungsfaktors TNF alpha (Tumornekrosefaktor alpha) könnte der Signalweg des Botenstoffs cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) gefördert werden, um "damit lästige weiße Fettzellen in erwünschte braune Fettzellen umzuwandeln" (Professor Alexander Pfeifer, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn).

Braune Fett-Zellen sind reich an Mitochondrien, sie "verbrennen" energiereich weißes Fett. Angekurbelt werden Erstere durch cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP). Das cGMP wird wiederum gefördert durch die Hemmung und Reduzierung des Entzündungsfaktors TNF alpha. Gegenspieler sind dabei die TNF-alpha-Blocker als monoklonale Antikörper Infliximab, Adalimumab, Golimumab und Certolizumab, sowie das gentechnologisch hergestellte Protein Etanercept.

Aber auch bekannte Wirkstoffe wie das Sildenafil als PDE-5-Hemmer wirken pro cGMP und gegen TNF alpha. Vergleichbare Mittel gegen pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) sind Epoprostenol und Iloprost (Prostacyclin-Analoga), Sildenafil und Bosentan (Endothelin-Rezeptorantagonist).

Das effektivste Mittel gegen viszerale Adipositas und Überhang von weißen Fettzellen ist allerdings nach wie vor FdH und BBB:
"FRISST DIE HÄLFTE" und 3 X tgl. BEWEGUNG!!!

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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