Hintergrund
E-Card: Rollout wird zum Parallelbetrieb
Alle sind gespannt: Schaffen es die Kassen, bis Jahresende zehn Prozent ihrer Versicherten mit der Gesundheitskarte auszustatten? Die Antwort lautet immer deutlicher "Ja". Aber die Versicherten sollen parallel auch die alte Karte behalten.
Veröffentlicht:Von Rebekka Höhl
Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) wird in diesem Jahr kommen, daran lassen die Krankenkassen keinen Zweifel. Aber es wird in der ersten Zeit einen Parallelbetrieb zweier Karten geben: der eGK und der bisherigen Krankenversichertenkarte (KVK).
Nun könnten böse Zungen behaupten, das habe etwas mit dem Foto-Boykott der Versicherten zu tun. Den hatte die Bundestagsabgeordneten Kathrin Vogler (Die Linke) erst kürzlich als gute Möglichkeit für eGK-Verweigerer, die Karte zu verzögern oder gar komplett zu verhindern, dargestellt.
Gute Foto-Rücklaufquoten bei Krankenkassen
Doch weit gefehlt. Die Foto-Rücklaufquoten bei den Krankenkassen sind ziemlich gut. So berichtet Hermann Bärenfänger von der TK von einer Rücklaufquote von 50 Prozent - ohne Nachfasstelefonie.
Bei der AOK Rheinland/Hamburg sind es gar 85 Prozent der Versicherten, die auf das Schreiben ihrer Kasse hin ein Foto auf der Kassenwebsite hochladen oder per Post an die Kasse schicken. Die DAK nennt zwar keine konkrete Quote, spricht aber von einem "regen Rücklauf".
Nordrheins Arztpraxen mit mittlerweile 70 Prozent eGK-fähigen Lesegeräten
Der Grund für die doppelte Kartenführung liegt eher im Rollout-Prozedere der Kassen und in den Arztpraxen. Denn alle Kassen versuchen, zunächst einen möglichst hohen Anteil ihrer nordrheinischen Versicherten mit den neuen Karten auszustatten. Ganz einfach, weil Nordrhein die Startregion für den Rollout der neuen eGK-fähigen Kartenlesegeräte samt Förderpauschale war.
Und dort mittlerweile mindestens 70 Prozent der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Besitz der eGK-fähigen Lesegeräte sind. Wahrscheinlich sind es sogar mehr, weil sich hinter dieser Prozentzahl lediglich jene Praxen verbergen, die in Nordrhein zwischen dem 15. Februar und 31. Oktober 2009 die Förderpauschale für die neuen Kartenleser in Anspruch genommen haben.
E-Card sorgt für Abrechnungsproblem
Bei der Abrechnung ihrer Leistungen können Ärzte längst nach bisheriger Krankenversichertenkarte (KVK) und elektronischer Gesundheitskarte (eGK) unterscheiden.
Seit dem dritten Quartal ist die Unterscheidung der KVK- und eGK-Versichertennummer zur Übernahme in den Abrechnungsdatensatz umgesetzt. Genau dies führt derzeit aber im Praxisalltag zu Problemen, meldet die KBV.
Und zwar dann, wenn die Daten - statt eine Versichertenkarte einzulesen - von Überweisungsscheinen etc. übernommen werden. Hierbei würde die Versichertennummer häufig ins falsche Feld eingetragen.
Das ist problematisch, weil die Nummer auf der KVK rein numerisch und sechs- bis zwölfstellig ist; die auf der eGK aber mit einem Buchstaben beginnt, gefolgt von neun Ziffern.
Das Prüfmodul lehne falsch eingetragene Nummern ab, so dass der Abrechnungsdatensatz nicht bei der KV eingereicht werden dürfe. Praxen sollten beachten, dass die KVK-Nummer in Feld 3105 und die eGK-Nummer in Feld 3119 gehöre.
Nicht mitgezählt wurden die Ärzte, die sich in Nordrhein später ein solches Gerät angeschafft haben, und die Praxen, in denen eines der bisherigen MKT-Lesegeräte steht, das die eGK zumindest einlesen kann.
Investition in neue Karte könnte sich für Nordrhein lohnen
Für die Kassen heißt das, in Nordrhein gibt es ausreichend Praxen, die mit der Gesundheitskarte auch arbeiten können. Also lohnt sich hier die Investition in die neue Karte eher. Die TK kann allein über die Ausgabe der Karten in Nordrhein sogar die gesetzlich geforderten zehn Prozent ihrer Versicherten abdecken, sagt Bärenfänger.
Die Kassen müssen nämlich bis Jahresende an zehn Prozent ihrer Versicherten die eGK ausgegeben haben, wollen sie nicht Kürzungen ihrer Verwaltungskosten hinnehmen. Die TK wird daher erst einmal nur in Nordrhein die eGK ausgeben. Ähnlich wird es auch die AOK Rheinland/Hamburg machen, wie ein Sprecher der Kasse erklärt.
KVK muss zunächst nicht zurückgegeben werden
Das würde erklären, warum die alte KVK in den anderen Regionen weiterläuft. Aber gerade auch Patienten in Nordrhein, die die neue Karte erhalten, müssen ihre KVK zunächst nicht zurückgeben. Ganz im Gegenteil: "Wir empfehlen unseren Versicherten sogar, die alte KVK zu behalten," sagt Bärenfänger. Denn diese bräuchten die Versicherten, wenn sie sich in anderen Regionen behandeln lassen wollten.
Zwar werden auch dort derzeit die Praxen mit den neuen Kartenlesern ausgestattet. KBV und GKV-Spitzenverband haben sich gerade erst darauf geeinigt, dass die Praxen bis Ende September die neuen Lesegeräte bestellt haben müssen, wollen sie sich die Kassen-Förderung sichern.
Trotzdem erreicht noch keine Region nur eine annähernde Ausstattungsdichte mit eGK-fähigen Kartenlesern wie Nordrhein. Und keine andere Region hat bereits solch umfangreiche Test-Erfahrungen mit der eGK.
Parallelbetrieb bei den Krankenkassen
Die TK sieht diesen Parallelbetrieb erst einmal nur bis Ende des Jahres. Bei der DAK geht man von einer Laufzeit bis Ende 2012 aus. Unterschiede gibt es aber auch beim Ausfiltern der alten KVK nach Ablauf der Frist. Die TK setzt hier auf cardtrust, das ist ein System, das in die Praxissoftware integriert wird und die Gültigkeit von KVK automatisch prüft und dem Praxisteam umgehend eine ungültige Karte meldet.
Cardtrust sei in rund 80 Prozent der Praxissoftwaresysteme integriert und stehe auch anderen Kassen offen, sagt Bärenfänger. Denn die Liste funktioniert wie folgt: Die Kasse führt regelmäßige Datenabgleiche über die Gültigkeit oder Änderungen bei den Versichertenstati durch.
Prüfsystem meldet Ablauf der Gültigkeit und erstellt Liste mit Versicherten
Abzüge dieser Liste gehen - nachdem sie komplett verschlüsselt wurden - an die beauftragten Trustcenter, und von dort wird die Liste an die Praxisverwaltungssoftware meist per Update weitergeben. Auch die DAK nutzt ein solches Prüfsystem.
Kommt die Online-Phase der eGK, wird ihre Gültigkeit ohnehin automatisch geprüft. Dann werden zusätzliche Prüfsysteme überflüssig. Die AOK Rheinland/Hamburg will dahin auch gar keine Gültigkeitsprüfung vornehmen. Missbräuche würden spätesten bei der Abrechnung auffallen, sagt ein Sprecher der Kasse.