Grün-rote Giftpfeile aus dem Ländle
Ärger im Südwesten über die Politik aus Berlin: Baden-Württembergs Landesregierung und die AOK üben den Schulterschluss - und greifen die Bundesregierung scharf an. AOK-Südwestchef Hermann geißelt Bahrs Reform als "Restauration".
Veröffentlicht:STUTTGART. Mit Baustellen kennt er sich aus, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Die Grünen).
Das zeigte seine Behutsamkeit beim Auftritt auf der Veranstaltung "AOK im Dialog" am Montagabend im Bad Cannstatter Römercastell.
Ohne Berlin direkt zu attackieren - das überließ er lieber anderen - betonte er die Bedeutung pragmatischer und kreativer Versorgungsmodelle in der Region.
Pionierarbeit der AOK
Und damit war er gleich bei einem Thema, das die Landes-AOK als bundespolitische Besonderheit auszeichnet: Mit ihrer Kombination aus Haus- und Facharzt-Verträgen leiste sie "Pionierarbeit" und habe innovative Versorgungsmodelle geschaffen.
"Das ist eine Bereicherung, aber auch ein heißes Eisen für das Kollektivvertragssystem der KVen", so Kretschmann. Aber damit sei die AOK "auf der richtigen Spur".
In der Gesundheitspolitik des Landes will Kretschmann zwei Signale setzen: Es wird einen strukturierten Gesundheitsdialog mit allen Beteiligten geben, um in der Region - vor allem bei knapper werdenden Ärzten - in kooperativen Strukturen Lösungen zu finden.
Vorbild aus dem Kinzigtal
Beispielhaft nannte Kretschmann das Modell "Gesundes Kinzigtal". Dass der Dialog gelingt, bestätigten Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner - "es geht fairer als in anderen Regionen zu" - und Landrat Thomas Reumann, der Präsident der Landeskrankenhausgesellschaft.
"Wir haben ideologisch zwischen den Sektoren abgerüstet. Wir schwätzen nicht mehr, wir arbeiten," so Reumann.
Ein zweites Ziel von Kretschmann ist besonders schwierig erreichbar: der Abbau des Modernisierungsstaus in den Krankenhäusern bis 2016. Schon 2011 werden zusätzlich 50 Millionen Euro für Klinikinvestitionen bereitgestellt.
Hermann kritisiert Honorarverteilungspläne
Sache des AOK-Vorstandsvorsitzenden Dr. Christopher Hermann war es, das Versorgungsstrukturgesetz zu verreißen: "Das ist in weiten Teilen Restauration und ein Rückschritt in die 80er Jahre."
Besonders hart kritisiert Hermann, dass die Honorarverteilung wieder allein Sache der KV werden soll - und damit von den Mehrheiten in der Vertreterversammlung abhängt.
So könnten Krankenkassen ihre Verantwortung für die Versorgungsstruktur nicht wahrnehmen. Andererseits, so Hermann: "Wir werden unsere Regionalisierungsmöglichkeiten bis zum Anschlag ausnutzen."