Kartellrecht - ein rotes Tuch für die SPD
Kartellrecht für die GKV: Damit will die Koalition verhindern, dass einzelne Krankenkassen zu mächtig werden. Doch jetzt schlagen Politiker Alarm - und warnen vor zu viel Einfluss durch die EU.
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Kommt für die Krankenkassen das Kartellrecht?
© Angelika Warmuth / dpa
BERLIN. Patienten werden zu Kunden, Krankenkassen zu Unternehmen: Die SPD hat davor gewarnt, das Kartellrecht auf Kassen anzuwenden.
"Langfristig steht damit eine flächendeckende medizinische Versorgung infrage", sagte die SPD-Politikerin Bärbel Bas am Dienstag in Berlin.
Gilt das Kartellrecht, seien künftig keine Kooperationen wie beim Mammografie-Screening mehr möglich. Auch Festbetragsregelungen seien dann nicht mehr machbar. Zudem würde die Rolle des Bundeskartellamtes zu sehr gestärkt.
Kassen könnten nicht mehr ohne die Zustimmung des Amtes fusionieren. Das sei verheerend, sollten kleinere Kasse nicht mehr ohne eine Fusion existieren können, warnen Gesundheitsexperten.
Ein weiterer Kritikpunkt: Da das Kartellrecht in weiten Zügen dem EU-Recht unterliege, "verschenken wir unsere Kompetenzen unnötig an die EU", so der SPD-Politiker Professor Karl Lauterbach. Vor allem die Selbstverwaltung werde dadurch deutlich geschwächt.
Bereits Ende März hatte das Kabinett die 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gebilligt. Am kommenden Freitag ist die erste Beratung im Bundestag.
Die Bundesregierung reagierte bisher gelassen auf jede Kritik: Zusammenarbeit von Kassen soll es weiterhin geben dürfen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Linken.
Ministerium verteidigt Pläne
Auch freiwillige Kooperationen wie das Mammografie-Screening sollen möglich bleiben. Das geht Lauterbach jedoch nicht weit genug: Zwar könne die GKV, wenn das Kartellrecht vollständig gilt, noch einige Zeit vom Erbe der Kooperationsverträge profitieren.
"Allerdings wäre es nie möglich gewesen, solche Kooperationen einzuführen", so Lauterbach. Kritik kommt auch aus der Koalition: CSU-Politiker Johannes Singhammer hat sich gegen die Anwendung des Kartellrechts auf die Kassen ausgesprochen. Das führe zu "erheblicher Rechtsunsicherheit".
Das Gesundheitsministerium begründete die Pläne mit der möglichen Marktmacht einzelner Kassen. "Die Zahl der Kassen wird sich weiter verringern. Deshalb ist es sinnvoll, wenn bei Kassenfusionen das Kartellrecht berücksichtigt wird", sagte ein Sprecher der "Ärzte Zeitung".
Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes verhindert dagegen das klassische Kartellrecht Kooperationen und Zusammenarbeit.
Der Bundesrat kann das Vorhaben nicht mehr stoppen: Die entscheidenden Teile seien nicht zustimmungspflichtig, so die SPD.