Göttinger Transplantationsmediziner
Nächste Haftbeschwerde abgelehnt
Der Göttinger Transplantationsmediziner bleibt in U-Haft. Auch die Richter des Oberlandesgerichts Braunschweig lehnen seine Haftbeschwerde ab - weil sie einen dringenden Tatverdacht des versuchten Totschlags in acht Fällen sehen.
Veröffentlicht:GÖTTINGEN. Der ehemalige Leiter der Transplantationschirurgie am Göttinger Universitätsklinikum, Aiman O., muss weiter in Untersuchungshaft bleiben. Das hat am Mittwoch das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden.
Der 1. Strafsenat wies damit eine weitere Beschwerde des Mediziners gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Braunschweig als unbegründet zurück. Damit war er bereits vor dem Landgericht Braunschweig gescheitert. Der 45-Jährige war am 11. Januar an seinem Wohnort in Göttingen festgenommen worden.
Dringender Tatverdacht in acht Fällen
Das OLG habe in insgesamt acht Fällen den dringenden Tatverdacht des versuchten Totschlags bejaht, teilte ein Gerichtssprecher mit.
So gebe es deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Chirurg das Zuteilungsverfahren für die Organverteilung systematisch durch Falschangaben beeinflusst habe, um seinen eigenen Patienten bevorzugt zu einer Spenderleber zu verhelfen.
Als Mediziner habe er gewusst, dass durch solche Manipulationen andere Patienten, die dringend auf ein Organ angewiesen waren, sterben könnten.
Der Senat hält es für "dringend wahrscheinlich", dass er diese möglichen Folgen billigend in Kauf genommen und somit mit Tötungsvorsatz gehandelt hat.
Nach Ansicht der Richter besteht der dringende Verdacht, dass der Arzt fälschlicherweise Patienten gegenüber der zentralen Vergabestelle von Spenderorganen "Eurotransplant" als dialysepflichtig gemeldet hat. Dies ergebe sich aus dem Bericht einer Prüfungskommission.
Außerdem sei bei der Meldung mehrerer alkoholabhängiger Patienten für die Warteliste "planmäßig unbeachtet" gelassen worden, dass die vorgeschriebene Karenzzeit noch nicht abgelaufen war.
Nicht Aufgabe des Chirurgen
Die Richter verwiesen außerdem darauf, dass die "beim Beschuldigten offenbar vorhandene Vorstellung, einem Patienten mit besserer Lebenserwartung zulasten eines Menschen mit geringerer Lebenserwartung helfen zu dürfen", der Rechtsordnung widerspreche.
Die Auswahl der geeigneten Empfänger eines Spenderorgans sei gerade nicht Aufgabe des Chirurgen gewesen, der im Übrigen über die Krankheitsgeschichte der anderen Patienten gar nicht informiert gewesen sei. Über die Zuteilung habe allein Eurotransplant zu entscheiden gehabt. (pid)