Wie wichtig ist Spiritualität beim Heilungsprozess?
KÖLN (acg). Eine Patientin aus der Tumorambulanz hat ihn einst auf die Idee seines Forschungsprojektes gebracht - heute ist der Mediziner Arndt Büssing Professor für Lebensqualität, Spiritualität und Coping an der Universität Witten/Herdecke.
"Die Frau schloss sich einer Meditations- und einer Gebetsgruppe an", sagt Büssing. "Und trotz der Tatsache, dass der Tumor in ihr weiter wuchs, berichtete mir die Frau, dass sie sich seitdem ,erlöst‘ fühle." Das fand Büssing so interessant, dass er sich fortan wissenschaftlich dem Thema widmete, wie spirituelle Einstellungen, Glaubensüberzeugungen und der Umgang mit Krankheit zusammenhängen.
Seine aktuellen Forschungen am Zentrum für Integrative Medizin an der Fakultät für Gesundheit untersuchen die Fragen: Wie gehen chronisch kranke Menschen mit ihren Beschwerden um? Auf welche inneren Ressourcen berufen sich Menschen?
Gibt es in Bezug auf chronische Erkrankungen charakteristische günstige Haltungen? Dabei soll es, wie Büssing betont, nicht um einen Gottesbeweis gehen oder um die Darlegung, dass spirituelle Menschen schneller gesund werden. "Wer dauerhaft erkrankt, überdenkt möglicherweise sein Leben neu und wird sich vieler Dinge bewusst, die er vorher nicht reflektiert hat", sagt Büssing.
Ihm ist es einerseits wichtig, Ärzte, Therapeuten und Pflegende für das Thema zu sensibilisieren. "Häufig konzentrieren sich Ärzte vor allem auf die körperlichen Beschwerden ihrer Patienten", sagt Büssing. Die psychosozialen Bedürfnisse würden dabei an Psychologen oder Theologen deligiert.
Andererseits konzentrieren sich auch Patienten häufig nach einer Krankheitsdiagnose allein auf die Symptome, statt sich positiver Elemente in ihrem Leben zu erinnern, die auch weiterhin da seien wie Freunde oder die Familie. "Diese Menschen können lernen, dass sie zwar bestimmte Symptome haben, dass aber andere Ressourcen noch weiterhin ungebrochen existieren, auf die sie dann zurück greifen können."
Neben der Forschungstätigkeit will Büssing auch Medizinstudenten Einblick in seine Erkenntnisse bieten. "Wir haben als Wahlpflichtfach ,Spiritualität und Coping‘ im Vorlesungsverzeichnis", sagt er.