Wenn der Pflegestift zum Sammlerobjekt wird
Rote Lippen soll man küssen - und gepflegte erst recht: In einer kleinen Vitrine sammelt die Chemiestudentin Janina Hirdler Lippenpflegestifte aus aller Welt, rund 350 hat sie bereits beisammen. Mindestens 150 fehlen noch.
Veröffentlicht:TÜBINGEN. Sie reagieren sensibel auf Berührungen, Hitze und Kälte. Darüber hinaus helfen sie beim Essen und Sprechen. Und: Sie können leidenschaftlich küssen. Gemeint sind Ober- und Unterlippe, die mehrere Besonderheiten aufweisen: Ihre Haut ist mit 0,05 Millimetern extrem dünn und hat im Vergleich zur restlichen Haut keine Talg- und Schweißdrüsen.
Außerdem besitzen Lippen fast keine natürlichen Pigmente, die vor UV-Strahlen schützen. Folge: Lippenhaut sollte regelmäßig gepflegt werden, damit sie nicht spröde und rissig wird.
Sammelleidenschaft begann mit Badezimmerschrank
Seit mehr als 100 Jahren gibt es in Deutschland ein Synonym für Lippenpflege: Labello. Diese Wortschöpfung ist zusammengesetzt aus den lateinischen Begriffen "labium" (Lippe) und "bellus" (schön). Für Janina Hirdler sind Lippenpflegestifte indes nicht nur Mittel zum Zweck, sondern ein zeitintensives Hobby.
"Ich habe inzwischen rund 350 verschiedene Stifte der Marken Labello, Liposan und Nivea Lip Care in meinem Zimmer", sagt die 24-jährige Chemiestudentin von der Universität Tübingen. "Liposan und Nivea Lip Care sind die später auf den Markt gebrachten Schwestermarken von Labello", erklärt die Expertin. "Mir sind mindestens noch 150 weitere Stifte bekannt, die ich gerne besitzen würde."
Die Sammelleidenschaft begann, als Janina Hirdler vor elf Jahren im Badezimmerschrank ihrer Mutter einen alten Labello fand. "Ich stellte fest, dass es die Marke immer noch gibt - und zwar in vielen Varianten, zum Beispiel mit Lichtschutzfaktor und Fruchtgeschmack."
Sammelt Pflegestifte und richtete eine Webseite ein: Janina Hirdler.
Ältestes Exemplar stammt aus den 50er Jahren
Bereits nach kurzer Zeit hatte die gebürtige Niedersächsin aus Nienburg/Weser ein Dutzend Pflegestifte beisammen. Wenig später erhielt sie ein selbstgebasteltes "Display" aus Holz. Freunde und Bekannte brachten von Reisen als Mitbringsel die kleinen Pflegehelfer mit.
"Mein ältestes Exemplar stammt aus den 1950er Jahren. Dieser hat noch ein Aluminiumgehäuse und nicht die heute übliche Plastikkappe", berichtet sie. "Zwei Produkte, die ich besonders schön finde, wurden in Marokko verkauft und tragen einen arabischen Schriftzug. Ich habe auch Lippenpflegestifte aus Asien, zum Beispiel Thailand, Malaysia und Indien."
Über ihre Homepage www.lipcare-fans.de fand Janina Hirdler inzwischen Kontakt zu Sammlern, Tauschpartnern und Beauty-Bloggern in alter Welt. "Viele Fans gibt es in den Niederlanden. Vor kurzem bekam ich sogar eine E-Mail aus Brunei", sagt sie. Fast 100 000 User haben die Internetseiten der Chemiestudentin bereits besucht, 72 Mitglieder sind im Forum als Sammler registriert.
Markante Drehhülse ist seit 1963 patentiert
Labello ist übrigens seit 1909 - als Nachfolger der 1907 eingeführten Lippenpomade - im Handel zu kaufen. Die damalige Schiebehülse aus Zinn war eine Innovation, die den Lippenstift-Markt revolutionierte.
Bereits in den 1930er Jahren war Labello in mehr als 30 Ländern erhältlich. 1963 löste die patentierte Drehhülse das Schiebeprinzip ab. Das klassische blaue Design des Standardproduktes gibt es seit 1973.