Tiere - Treue Partner für alte und kranke Menschen

Tiere vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit, können alten und kranken Menschen helfen, ihren Alltag zu Hause besser zu bewältigen. Ein Onkologe fordert Unterstützung durch die Krankenkassen.

Von Johanna Dielmann von-Berg Veröffentlicht:
Seinem Herrn treu ergeben: Hunde und andere Tiere können alten und schwerkranken Menschen Lebensmut geben.

Seinem Herrn treu ergeben: Hunde und andere Tiere können alten und schwerkranken Menschen Lebensmut geben.

© Galina Barskaya / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Fische, Wellensittiche, Katzen oder Hunde - tierische Begleiter vertreiben nicht nur die Einsamkeit aus dem Alltag älterer oder kranker Menschen, sie nutzen auch aus medizinischer Sicht.

Im Vergleich zu Menschen ohne Tier benötigen etwa chronisch Kranke mit Tier weniger Medikamente, Alzheimer-Patienten leiden seltener an Aggressionen und Depressionen und die Tierhaltung hilft, Stress abzubauen.

Tierbesitzer suchen seltener ihren Arzt auf, ermittelte eine Langzeitstudie mit 10.000 Befragten. Das geht aus einer Studienübersicht des Robert-Koch-Instituts hervor.

"Viele fühlen sich einsam"

Dennoch werden Tiere bei der Betreuung alter und kranker Menschen bisher zu wenig genutzt, meint Professor Stephan Tanneberger von der Universität Bologna. Zwar gebe es immer mehr Pflegeheime und Hospize, die sogenannte Heimtiere anschaffen.

Doch "ohne eine gesetzliche Grundlage und finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen können Tiere nicht flächendeckend eingesetzt werden", sagt der Onkologe.

Dabei kämen Tiere den Bedürfnissen vieler Patienten entgegen. "Knapp Dreiviertel der Patienten möchten ihren Lebensabend zu Hause verbringen. Viele fühlen sich einsam", berichtet Tanneberger, der seit 20 Jahren unheilbar krebskranke Menschen betreut. "Wir brauchen endlich adäquate Lösungen für die Betreuung älterer Menschen", fordert er.

Blindenführhunde sind Hilfsmittel

Mit Tiermedizinern engagiert er sich dafür, dass langfristig mehr Tiere in der Therapie und seelischen Betreuung eingesetzt werden. Für Blindenführhunde etwa ist das bereits gesetzlich geregelt. Blindenführhunde gelten laut Paragraf 33 SGB V als Hilfsmittel.

Vorgeschrieben sind zum Beispiel ihre Ausbildung und Zuweisung. So soll sichergestellt werden, dass sich der betroffene Patient auch als Tierhalter eignet und die Krankenkasse die Kosten übernimmt.

"Einem breiteren Einsatz tierischer Therapeuten stehen oft hygienische Bedenken entgegen", erklärt Hartmut Kaftan vom Förderverein tiergestützte Pädagogik, Therapie und Fördermaßnahmen.

"Viele glauben, dass Tiere, zum Beispiel verglichen mit Menschen, häufiger Bakterien oder Viren übertragen. Diese Sorge ist aber unbegründet", so Kaftan.

Tanneberger: Für jeden kann ein Tier gefunden werden

Natürlich ist auch nicht jedes Tier für jeden geeignet", sagt Tanneberger. Daher müssten Arzt, Tierarzt und Patient gemeinsam abstimmen, welches Tier am besten die Bedürfnisse des Patienten erfüllt. Es muss sichergestellt sein, dass ihn die Pflege des Tiers nicht überfordert.

Laut Tanneberger kann aber für jeden ein Tier gefunden werden, das er sich auch leisten kann. Er schätzt, dass die Haltungskosten pro Jahr zwischen 100 und 1000 Euro für ein Heimtier liegen.

Damit ließe sich mit Sicherheit auch die Überfüllung der Tierheime lösen, meint Tanneberger. Immerhin habe der Tierbestand seit 2006 um etwa 40 Prozent auf rund 94 000 zugenommen.

www.tiergestuetzte.org/

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Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 14.03.201213:33 Uhr

Compagnon animale

Das RKI und die Ärzte müssen natürlich prophylaktisch/präventiv auch auf die seltenen Infektions-Gefahren, die von Heimtieren in der engen Beziehung Mensch-Tier im Einzelfall ausgehen können, hinweisen.
In der Regel sind tierärztlich untersuchte und behandelte Haus- und Heimtiere lediglich nur besiedelt mit für den Menschen apathogenen Keimen.
Die sollen ja -nach neueren Erkenntnissen- sich sogar bei regelmäßigen tierischen Kontakten immunitätsfördernd und antiallergisch auf uns auswirken. (Von Parasiten werden domestizierte Tiere heute schon routinemäßig bei ihrer Vorstellung in der Veterinär-Sprechstunde befreit)
Seit langem ist bekannt, daß vereinsamte Ältere Antrieb und Lebensmut durch vierbeinige oder geflügelte Hausgenossen bekommen. Daß solche nunmehr auch Einlaß in Einrichtungen der Altenpflege finden, ist doch wunderbar; und man kann davon ausgehen, daß dort mindestens jeder Zweite Freude am Tier findet und Ablenkung von dem eingefahrenen Alltagstrott.
Was unsere Compagnons animales (in F: auch C. familiales) ja so sympathisch macht, sind ihre dem aufgeschlossenen Menschen/Patienten gegenüber (absolut) unverfälschten Regungen.
Das weiß natürlich jeder Hundehalter, der deshalb seinen anhäglichen (und unterwürfigen) Vierbeiner auch als "des Menschen bester Freund" bezeichnet.
Abgabetiere und Tierheim-Insassen können das aber gemäß ihrer eigenen Leidens- Vorgeschichte nicht mehr in jedem Fall sein.
Schließlich behalten nur gut erzogene Hundewelpen durch ihre frühe Prägung auf ihren "master" das lebenslange "Kindchen-Schema" (K. Lorenz) als treuer (vom Menschen abhängiger und ihm bedingungslos zugeneigter) Partner bei. Insofern ist mit einer Entleerung der Tierheime nicht zu rechnen.

Ich frage mich, warum werden nicht auch jugendliche Straftäter an die Pflege und Betreuung verschiedener Haustierarten verstärkt herangeführt und lernen damit, -vielleicht in manchem Falle zum ersten Mal-, sich um ein Lebewesen zu kümmern und auf dessen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Könnte das nicht auch ein erster und wirksamer Schritt zu einer Re-Sozialisation zurück in unsere komplizierte Menschengesellschaft sein?
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (FTA für Hygiene und Mikrobiologie), Rostock

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