Hildegard von Bingen ist jetzt Heilige

Sie gilt als eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Hildegard von Bingen wurde wegen ihrer Heilkräfte und göttlicher Visionen bekannt. Jetzt ist sie auf Anordnung von Papst Benedikt in den Heiligenstand gehoben worden.

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Hildegard von Bingen, Mystikerin und Äbtissin: "Es ist wichtig, einen kranken Körper zu stärken, damit er dem Teufel und seinen Gehilfen Widerstand leisten kann."

Hildegard von Bingen, Mystikerin und Äbtissin: "Es ist wichtig, einen kranken Körper zu stärken, damit er dem Teufel und seinen Gehilfen Widerstand leisten kann."

© ARCO IMAGES / imago

BONN/BINGEN (dpa/eb). Die Mystikerin und Äbtissin Hildegard von Bingen (um 1098 bis 1179) ist von der katholischen Kirche in den Heiligenstand erhoben worden.

Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn mit. Sie sei auf Anordnung von Papst Benedikt XVI. in den Heiligenkalender der römisch-katholischen Kirche aufgenommen worden. "Damit ist sie offiziell eine Heilige", sagte Sprecher Matthias Kopp.

Eine Heiligsprechung im eigentlichen Sinne sei dies aber nicht. Denn eine Heiligsprechung sei ein liturgischer Akt in einem Gottesdienst, bei dem ein Dekret verlesen werde. "Das ist hier nicht der Fall", sagte Kopp.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, begrüßte die Aufnahme in den Heiligenkalender. "Das ist ein wichtiger Schritt für die Weltkirche", sagte er laut Mitteilung.

Er freue sich, dass die bedeutende Persönlichkeit der Hildegard von Bingen damit nochmals besondere Würdigung erfahre. Die neue Heilige spiele für das Glaubensleben in Deutschland eine bedeutende Rolle.

Hildegard von Bingen gilt als eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Sie komponierte, dichtete und schrieb Bücher, die sich unter anderem mit Heilkunde beschäftigten.

Viele Widerstände

Wegen ihrer Heilkräfte und ihrer göttlichen Visionen wurde sie weithin bekannt, sogar Kaiser Friedrich Barbarossa bat sie um Rat. Gegen große Widerstände gründete sie 1150 ein nur von Frauen bewirtschaftetes Kloster auf dem Rupertsberg bei bei Bingen am Rhein.

15 Jahre später folgte die Gründung des Klosters Eibingen bei Rüdesheim. Geboren wurde Hildegard vermutlich um 1098 in Bermersheim vor der Höhe bei Alzey im heutigen Rheinland-Pfalz.

Als jüngstes von zehn Kindern kam sie mit etwa acht Jahren in das Benediktiner-Kloster Disibodenberg. 1113 wurde sie Nonne, 1136 Äbtissin.

Nachdem sie zur Obersten des Klosters gewählt worden war, trat sie an die Öffentlichkeit und lockerte die Klosterregeln. Gegen Widerstände erreichte sie schließlich, dass ihre göttlichen Visionen, die sie seit ihrer Kindheit geheim gehalten hatte, von der Kirche offiziell anerkannt wurden und dass sie diese aufschreiben durfte.

In einer Visionstrilogie schrieb sie unter anderem über das Wirken der Dreifaltigkeit bei der Erschaffung des Kosmos. 1179 starb sie in dem von ihr gegründeten Kloster Rupertsberg

Besonders populär ist heute die "Hildegard-Medizin" als Zweig der alternativen Medizin, der auf die von ihr beschriebene Wirkung von Heilpflanzen setzt.

Hinwendung zu sinnvoller Lebensführung

In Hildegards Heilkunde geht es weniger um eine therapeutische Korrektur als um eine Hinwendung zu sinnvoller Lebensführung, erläuterte der inzwischen gestorbene Heidelberger Medizinhistoriker Professor Heinrich Schipperges in einem im Jahr 1998 erschienen Beitrag zum 900. Geburtstag Hildegards in der "Ärzte Zeitung".

Weniger die Heilmittel seien bei Hildegard gefragt als die Heilkräfte, erläuterte er: "Heilsame Kräfte im Wort, in der Musik, in der Zuwendung zum notleidenden Mitmenschen, wobei durchaus auch die heilenden Kräfte der Natur zur Anwendung kamen: nach vernünftiger Indikation und vorsichtig dosiert."

Die so modischen Versuche indes, eine durchaus berechtigte Naturheilkunde als "Hildegard-Medizin" in die ärztliche Praxis oder in die Apotheke zu bringen, entbehren nach den Worten von Schipperges jeder wissenschaftlichen Grundlage.

Es sei einfach Unfug zu behaupten, Hildegard habe Begriffe wie "Zelle" oder "Viren" gekannt oder gar den "Krebs" behandelt oder die Epilepsie mit dem Achat (was schlicht kriminell wäre!).

Schipperges, emeritierte Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universität Heidelberg hat sich mehr als 50 Jahre mit Hildegard beschäftig.

Freimütig bekannt er, wie schwer es für moderne Menschen sei, Zugang zu Hildegard zu finden. Ihre seit längerem auf Deutsch erschienenen theologischen Hauptschriften dürften aus seiner Sicht für viele nur schwer lesbar sein.

Von Hildegard sind viele Zitate überliefert, zum Beispiel dies: "Magen und Blase des Menschen nimmt alles auf, womit er sich nährt. Wenn diese beiden zu viel Speisen und Getränke bekommen, verursachen sie im ganzen Leibe einen Sturm der bösen Säfte, wie die Elemente nach Art des Menschen."

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