Job und Familie
Oberärztin Berg gelingt der Spagat
Frauen in Top-Positionen sind selten in der Wissenschaft. Die Tübinger Medizin-Professorin Daniela Berg ist eine der wenigen. Jetzt hilft sie Mitarbeiterinnen, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen.
Veröffentlicht:TÜBINGEN. Sie ist Oberärztin an der Uniklinik Tübingen, hat 24 Mitarbeiter, Familie und zwei Kinder, ist als Professorin in der Forschung, als Ärztin bei Patienten tätig. Und seit einiger Zeit ist Daniela Berg auch noch die oberste Vertreterin der Deutschen Parkinson Gesellschaft.
Es ist ein Spagat, den die 45-Jährige für ihren Job und ihr Familienleben hinlegen muss. Viele Frauen in der Wissenschaft hält das von Top-Positionen ab. Doch Bergs größtenteils weibliche Arbeitsgruppe in Tübingen zeigt, wie es gehen kann.
Viele Mitarbeiter in Bergs Arbeitsgruppe am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung sind Frauen. Und viele verbinden ihren Job mit ihrer Familie. 21 Kinder zwischen null und zwölf Jahren hat die Arbeitsgruppe.
Flexibilität sei dabei das Zauberwort. "Wo und wann die Arbeit gemacht wird, ist mir egal", sagt Berg. "Hauptsache sie wird gemacht und es macht auch Spaß."
Das gehe nicht in jedem Bereich, schränkt sie ein: "Eine Ärztin kann nicht am OP-Tisch das Skalpell fallen lassen, weil sie ihr Kind aus der Kita holen muss."
Mutter von zwei Söhnen
Nur rund elf Prozent Professorinnen gibt es in Deutschland. Frauen, die als Präsidentin einer der über 160 medizinischen Fachgesellschaften vorstehen, kann man an zwei Händen abzählen. Daniela Berg ist die erste Präsidentin der Deutschen Parkinson Gesellschaft überhaupt.
Die Mutter zweier Söhne im Alter von neun und zehn Jahren weiß, dass es für Wissenschaftlerinnen eine große Herausforderung ist, die Karriere mit der Familie zu verbinden. Denn mit einem Acht-Stunden-Job ist es in der Forschung meist nicht getan.
Berg arbeitet an ihren Publikationen und Forschungsanträgen, wenn die Kinder abends im Bett sind. Ihr Beruf sei auch ein Stück weit ihre Leidenschaft, ihr Hobby, sagt sie. So wie bei den anderen auch. Dies erfordere aber auch viel Organisation innerhalb der eigenen Familie.
"Jede Mitarbeiterin organisiert sich anders." Die einen können auf die Unterstützung von den Großeltern bauen, die anderen greifen auf Au-pairs, Tagesmutter oder Kitas zurück. "Dass Kinder früh auch außerhalb der Familie in Gruppen soziale Fähigkeiten lernen, sich streiten lernen, sich vertragen, verlieren, zusammenhalten lernen - das finde ich sehr wertvoll", meint die Professorin.
Als ehemalige Internatsschülerin hat sie selbst gelernt, mit anderen gemeinsame Sache zu machen. Auch beim Klettern, einem ihrer Hobbys, erlebt sie, dass der eine vom anderen abhängt.
Kooperation auch in der Forschung
Kooperation ist ihr deshalb auch in der Forschung wichtig. "Es geht darum, mit anderen gemeinsam etwas zu erreichen und nicht andere auszustechen", sagt sie.
Dies scheint zunächst ein Widerspruch zur Exzellenz zu sein, der herausragenden Leistung eines einzelnen Forschers, die oft wichtigste Währung für eine Wissenschaftskarriere.
Dies sei zumindest in der Medizin im Wandel, meint Berg. "Es geht darum, eine Balance zwischen Exzellenz - sehr guter eigener Arbeit - und wirklicher Teamarbeit und Kooperation zu halten.
Die Wissenschaft in der Medizin ist so komplex geworden, dass wir alle nur sehr kleine Ausschnitte wirklich gut überblicken können."
Mit dieser Mischung hat sie etwas für die Parkinson-Forschung wirklich Neues entdeckt. Mittels Ultraschall des Gehirns fand sie heraus, dass ein bestimmter Bereich im Hirnstamm bei solchen Menschen verändert ist, die sehr wahrscheinlich an Parkinson erkranken - ein Beitrag zur Früherkennung.
Aus ihrem Alltag als Ärztin weiß Daniela Berg, wie der schleichende Verlauf von chronischen Krankheiten das Leben beschränken kann. Deswegen freut sie sich darüber, dass viele ihrer Patienten trotz aller Widrigkeit ein sinnerfülltes Leben führen.
Und das nicht zuletzt, weil sie ihren Wert davon abkoppeln müssen, wie gut sie in der Leistungsgesellschaft funktionieren. "Familie und Freunde sind extrem wichtig, weil wir dort so geliebt werden, wie wir sind - und nicht aufgrund dessen, was wir leisten." (dpa)