Lichtblick in der Terrornacht
So haben die Notfallpläne funktioniert
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt herrschen in Berlin Entsetzen, Trauer und Angst vor dem, was an Terrorismus-Akten noch auf die Hauptstadt zukommen könnte. Immerhin zeigte die schreckliche Tat: Das Krisenmanagement klappt.
Veröffentlicht:BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel war es am Dienstag ein Anliegen, den Rettungskräften, Polizisten, Feuerwehrleuten, Ärzten und Sanitätern "von Herzen" einen Dank auszusprechen. "Dass alles so reibungslos funktioniert hat, zeigt, dass alle Einrichtungen sich gut auf ein solches Ereignis vorbereitet haben", sagte auch Dr. Günter Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin. Hilfe war am Montagabend schnell vor Ort, unter anderem, weil sich in der Rankestraße in unmittelbarer Nähe des Weihnachtsmarktes eine Feuerwache befindet. "Die Rettungswagen waren innerhalb von zehn Minuten vor Ort", so Jonitz.
Insgesamt 230 Rettungskräfte waren am Breitscheidtplatz im Einsatz, davon 130 Feuerwehrleute und 80 Ärzte und Rettungssanitäter des Deutschen Roten Kreuzes, so der Leiter der Berliner Feuerwehr, Wilfried Gräfling. Der um 20.04 Uhr ausgelöste Alarm sei zunächst als schwerer Verkehrsunfall eingestuft, nach dem Eintreffen der Rettungskräfte vor Ort aber sofort als Massenunfall von Verletzten entsprechend den Regeln der Katastrophenmedizin klassifiziert worden. Die Verteilung der Verletzten auf die Kliniken sei durch Entscheidung der Notärzte vor Ort erfolgt.
Die unmittelbar nach Auslösung des Katastrophenfalls "Massenunfall von Verletzten" informierten Krankenhäuser hätten sofort ihre Kapazitäten hochgefahren. Alle Patienten seien individualmedizinisch versorgt worden, betonte Gräfling. Der Feuerwehrchef würdigte insbesondere auch die Hilfsbereitschaft zufällig anwesender Ärzte . "Es hat keinen Mangel an medizinischer Versorgung gegeben." Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Innensenator Andreas Geisel würdigten die "hochprofessionelle und unaufgeregte Arbeit der Einsatzkräfte".
Kurz nachdem der Lastzug um 20 Uhr zwischen den Buden hindurch gefahren war, rief auch der Krisenstab der Gesundheitssenatsverwaltung den Notfall aus. Alle 39 Krankenhäuser mit Rettungsstellen wurden alarmiert, die daraufhin Ärzte und Pfleger aus der Freizeit in den Dienst zurückriefen.
Im Unfallkrankenhaus wurde ab 21 Uhr eine "Bereitstellung" organisiert. Für drei Stunden standen zusätzliche Ärzte und Pfleger bereit, um Verletzte zu versorgen. Als sich abzeichnete, dass das Unfallkrankenhaus keine Notfallpatienten vom Breitscheidtplatz würde aufnehmen müssen, wurde die Bereitstellung nach Angaben von Pressesprecherin Angela Kijewski gegen 23 Uhr wieder aufgehoben.
Die 52 Verletzten wurden in die Krankenhäuser der Umgebung gebracht, so etwa in die DRK-Klinik im Westend. Dort wurden sieben Verletzte, darunter ein Schwerverletzter, versorgt. Als um 21 Uhr auch hier der Notfall ausgerufen wurde, kamen rund 300 Mitarbeiter in die Klinik, die alle helfen wollten. "Es waren viele Freiwillige, die gar nicht auf der Liste standen", erzählt Gudrun Wilke, Pressesprecherin der DRK-Kliniken.
Auch an allen drei bettenführenden Standorten der Charité wurde am Montagabend Katastrophenalarm ausgelöst. Insgesamt 13 Patienten nahm die Universitätsklinik auf. Acht wurden mit schweren Verletzungen eingeliefert, zwei von ihnen sind gestorben. Die anderen werden intensivmedizinisch betreut. Zwei Patienten haben mittelschwere Verletzungen, drei Patienten leichte Verletzungen, so die Charité.
Am Tag nach dem schrecklichen Anschlag suchten beim Berliner Krisendienst schon die ersten Betroffenen Hilfe. 15 Anrufe gingen vormittags beim Krisendienst ein, "ausschließlich von Angehörigen", wie Karin Riedesser berichtet. Die Fragen, welche die Anrufer stellten, waren vielfältig: "Teilweise wollen die Menschen Infos, teilweise schildern sie Schicksale, suchen nach Angehörigen oder wollen wissen, wie man mit Betroffenen über die Ereignisse sprechen kann", erzählt Riedesser. "Es waren auch Arbeitgeber dabei, die mit Mitarbeitern auf dem Weihnachtsmarkt waren und das miterlebt haben." In den nächsten Tagen will der Berliner Krisendienst nun eruieren, was an Hilfebedarf "auf uns zukommt". Auf jeden Fall sollen die Kapazitäten in den Beratungsstellen aufgestockt werden.