Elektronische Tattoos
Über markante Körperstellen mobile Endgeräte intuitiv steuern
Informatiker der Saar-Universität und des US-Konzerns Google geben Falten, Knöcheln und Muttermalen eine völlig neue Bedeutung.
Veröffentlicht:SAARBRÜCKEN. Ähnlich wie Kaugummi-Tattoos für Kinder tragen die Forscher ultradünne, elektronische Tattoos an den markanten Körperstellen auf. Die Nutzer können diese berühren, quetschen und ziehen, um so intuitiv mobile Endgeräte wie einen Musikspieler zu steuern oder einfach Symbole aufleuchten zu lassen. Der Vorteil, laut Forscher: Die Körperstellen sind so vertraut, dass die einzelnen Steuerelemente sogar mit geschlossenen Augen bedient werden können. Zusätzlich ermöglichen sie eine völlig neue Art der Interaktion und liefern auch auf eine natürliche Art und Weise Bedienhinweise, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität.
Dass sich der menschliche Körper vortrefflich als berührungsempfindliche Eingabefläche für mobile Geräte einsetzen lässt, hatten die Saarbrücker Informatiker bereits 2015 bewiesen. Zusammen mit Forscher der US-amerikanischen Carnegie-Mellon-University hatten sie aus flexiblen Silikon und leitfähigen Elektrosensoren "iSkin", berührungsempfindliche Sticker, für die Haut entwickelt, wie die Universität berichtet.
Gemeinsam mit einem Google-Mitarbeiter tüftelte ein Team um Jürgen Steimle, Professor für Mensch-Computer-Interaktion der Universität des Saarlandes nun an der richtigen Kombination von leitfähiger Tinte und Druckverfahren, um die Leiterbahnen und Elektroden so kompakt und so dünn wie möglich auf das temporäre Tattoo-Papier zu drucken. Ein leitfähiger Kunststoff namens PEDOT:PSS war die Lösung. Mit ihm, so berichten die Forscher, ließ sich das Tattoo noch dünner als ein Haar drucken und damit sicherstellen, dass es sich sowohl über die Fingerknöchel legt, Falten erfasst, gleichzeitig aber auch so flexibel ist, dass es Stauchung und Streckung aushält.
Während ihrer Versuche identifizierten die Wissenschaftler vier Klassen von geeigneten Orientierungspunkten auf dem Körper. Dabei nutzten sie auch die Anhäufung pigmentbildender Zellen aus. Über den Leberfleck eines Probanden klebten sie zum Beispiel ein herzförmiges Tattoo. Wird eine elektrische Spannung angelegt, leuchtet es blau auf. "Gekoppelt an die entsprechende Smartphone-App, könnte es aufleuchten, wenn die nahestehende Person verfügbar ist", erklärt Steimle die Anwendung und fügt hinzu: "Man berührt das Herz und der Anruf beginnt." (run)