Fukushima

WHO sieht leicht erhöhtes Krebsrisiko

Zwei Jahre nach der Fukushima-Katastrophe meldet die WHO ein leicht erhöhtes Krebsrisiko in unmittelbar betroffenen Orten. Greenpeace ist empört: Die UN-Organisation verharmlose Gefahren.

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GENF. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat das Krebsrisiko in den verstrahlten Gebieten einem umfassenden Report zufolge nur leicht erhöht.

Für die Erhebung habe ein internationales Expertenteam alle verfügbaren Daten seit der Havarie des Atomkraftwerkes vor zwei Jahren analysiert, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO am Donnerstag in Genf mit.

Geringe zusätzliche Gesundheitsrisiken gebe es vor allem in einem Radius von bis zu 20 Kilometern um das Werk. Die Umweltorganisation Greenpeace wirft der WHO hingegen eine Verharmlosung von Risiken vor.

Die WHO empfiehlt langfristige medizinische Beobachtungen der betroffenen Bevölkerung. Über einige unmittelbar verstrahlte Orte hinaus gab die Organisation allerdings Entwarnung.

Umfangreiche Untersuchungen internationaler Experten hätten ergeben, dass die "vorhergesagten Risiken für die allgemeine Bevölkerung innerhalb und außerhalb Japans niedrig und keine messbaren Steigerungen der Krebsraten über das Basisniveau hinaus zu erwarten sind".

Anlass zur Sorge seien aber erhöhte Risiken bei speziellen Krebsarten durch die damalige Strahlenbelastung in bestimmten Orten und von Teilen der Bevölkerung, erläuterte Maria Neira, die WHO-Direktorin für Gesundheitswesen und Umwelt.

Greenpeace kritisiert "Schutz der Atomindustrie"

So gehe man davon aus, dass zum Beispiel die künftige Brustkrebsgefahr bei Frauen, die sich als Kind in den am stärksten betroffenen Gebieten aufhielten, um sechs Prozent über den Normalwerten liege.

Das Leukämierisiko für Männer sei unter denselben Umständen um sieben Prozent höher. Ein erhöhtes Risiko von Schilddrüsenkrebs sei auch für Frauen berechnet worden, die als Kind in Teilen des Fukushima-Gebiets der Strahlung ausgesetzt waren.

Während das Risiko im Laufe eines Lebens normalerweise bei 0,75 Prozent liege, sei es bei Frauen aus den am meisten betroffenen Gebieten um zusätzliche 0,5 Prozent höher.

Bei etwa einem Drittel der Mitglieder von Notfallteams, die in dem Atomkraftwerk eingesetzt waren, gehe man von einem erhöhten Krebsrisiko aus. Zwei Drittel von ihnen seien hingegen nicht stärker gefährdet als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Bereits im Mai 2012 hatte die WHO erklärt, dass die Strahlenbelastung nach der Havarie in Fukushima geringer als befürchtet sei und meist innerhalb zulässiger Grenzwerte liege.

Greenpeace warf der WHO vor, die Strahlendosis nicht hinreichend ermittelt zu haben, der die Menschen seinerzeit ausgesetzt worden gewesen seien.

"Die WHO spielt auf beschämende Weise die Folgen der frühen Freisetzung von Radioaktivität durch die Fukushima-Katastrophe auf jene Menschen innerhalb der 20-Kilometer-Evakuierungszone herunter, die das Gebiet nicht rasch verlassen konnten", erklärte die Strahlenexpertin Rianne Teule von Greenpeace.

Der WHO-Bericht sei "ein politisches Statement zum Schutz der Atomindustrie". (dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 03.03.201313:52 Uhr

Das Märchen von "tod"sicheren Atomkraftwerken?

"Es ist aus dem Atomkraftwerk nie ein Atom geflogen - und wenn das nicht die Wahrheit ist, dann ist es halt gelogen!", hieß es bei früheren Anti-AKW-Demos. Ein Grund, weshalb die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2 Jahre nach dem Fukushima-GAU als Folge eines gewaltigen Erdbebens mit Tsunami nur ein l e i c h t erhöhtes Krebsrisiko in unmittelbar betroffenen Orten bewilligen kann, ist eine Absprache mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA:

Der jetzt öffentliche Geheimvertrag zwischen WHO und IAEO wurde im Jahr 1959 geschlossen, um die WHO zu zwingen, "keine wissenschaftlichen Untersuchungen und keine Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, keine Maßnahmen zu propagieren ohne vorherige Genehmigung durch die IAEO".
http://www.independentwho.info/WHA_12_40_EN.php
(Vertrag)
http://www.independentwho.info/accueil_DE.php
(Kommentare und Aktionen)

So musste die WHO auf Druck der IAEO wider besseres Wissen behaupten, dass als Folgen der Katastrophe von Tschernobyl "weniger als 50 Tote" zu beklagen seien. Dies angesichts von bis zu 800.000 Liquidatoren, die bei den Aufräumarbeiten des explodierten Reaktorgebäudes in der Ukraine bis zum provisorischen Abschluss des jetzt bereits brüchigen ''Sarkophags'' Leib und Leben riskiert und zum großen Teil auch verloren haben. Von den Sekundärfolgen des radioaktiven Fall-Outs bzw. der Langzeitkontamination des Katastrophengebiets für die dortige Bevölkerung ganz zu schweigen. Die Dokumente von zwei UN-Konferenzen zum Thema Tschernobyl, 1995 in Genf und 2001 in Kiew, werden von der WHO bis heute nicht veröffentlicht, weil man damit vollends sein Gesicht verlieren würde.

Man kann Greenpeace nur Recht geben, dass zum "Schutz einer globalen Atomindustrie" Risiken und Gefahren von "Größten Anzunehmenden Unfällen" beim Betreiben von Atomkraftwerken (AKW-GAU) vertuscht, verharmlost und in ihren tatsächlichen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiken systematisch unterschätzt werden. Ebenso wie deren Eintrittswahrscheinlichkeit und realen Ereignishäufigkeiten.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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