Blockflöten sind im Musikunterricht nicht mehr gefragt
Im Schulfach Musik hat sich viel verändert. Immer öfter machen Kinder selbst Musik, statt einfach nur zuzuhören. Verantwortliche warnen allerdings vor einer Privatisierung des Unterrichts.
Veröffentlicht:Kanon singen mit Blockflötenbegleitung im Musikunterricht - das war gestern. Heute greifen Schüler aller Schularten zu Trommeln, Steeldrums, E-Gitarren. Sie tanzen im Unterricht und studieren Musicals ein.
Beim Bundeskongress des Arbeitskreises für Schulmusik (AfS) wurden vor kurzem neue Konzepte und pädagogische Ansätze für das Klassenmusizieren vorgestellt.
Doch der Vorsitzende des Verbands, Jürgen Terhag, warnt vor einem Qualitätsverlust. Durch eine Privatisierung des Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen drohe der pädagogische Kontext auf der Strecke zu bleiben, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Musikschulen kooperieren mit allgemeinbildenden Schulen
"Wir beobachten, dass Bildungspolitiker am liebsten den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen den privaten Musikschulen übertragen möchten, um Geld zu sparen. Das wäre ein Rückfall in die Zeit, als sich Musikunterricht aufs Singen beschränkte und die Lehrer schlecht ausgebildet und schlecht bezahlt waren", sagte Terhag.
Schon heute arbeiten Musikschulen und allgemeinbildende Schulen zusammen, wenn es um Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag geht. "Das wird mit dem Ausbau der Ganztagsschulen zunehmen, weil die Kinder und Jugendlichen wegen des Nachmittagsunterrichts keine Zeit mehr für die Musikschule haben", sagte Terhag.
Bei Angeboten für Instrumentalunterricht sei diese Kooperation auch sinnvoll. "Aber der Musikunterricht in der Schule muss auch Themen wie Musikgeschichte, Musiktheorie oder Manipulationsmechanismen der Musikindustrie behandeln. Dafür sind die Lehrkräfte der Musikschulen nicht ausgebildet", sagte Terhag.
Trend zur naturgetreuen Imitation von Klängen
Es gibt neue Trends mit Blick aufs Musizieren in Schulklassen. Zum Beispiel "Vocal Percussion & Beatboxing" - es geht dabei um das Nachahmen von Schlagzeugklängen mit Mund und Rachen - gefragt ist hier eine möglichst naturgetreue Imitation.
Eine weitere Option ist das Musikmachen mit sogenannten Boomwhackers, unterschiedlich langen Plastikröhren, mit denen sich Töne erzeugen lassen. Sie entwickeln sich zunehmend zum Geheimtipp im Musikunterricht. Mit den Boomwhackers ist es nach Auffassung von Musikpädagogen möglich, im Klassenverband (fast) alles in rhythmischer, melodischer und harmonischer Beziehung erarbeiten.
Der Spaßfaktor ist demnach sehr groß und der Lerneffekt schnell, fast mühelos und sehr effektiv. Die verwendeten Notationsmethoden sind einfach zu begreifen und zu beherrschen - sagen die Befürworter der Boomwhackers.
Im AfS sind knapp 3000 Musiklehrer und musikpädagogisch Interessierte in Schulen, Hochschulen und Vorschulen zusammengeschlossen. Daneben gibt es den Verband Deutscher Musikpädagogen mit rund 5000 Mitgliedern. Die Bundeskongresse der Verbände sollen künftig zusammengelegt werden. (dpa)