Diabetes
Zwischen Schule und Blutzuckermessen
Jugendliche mit Diabetes haben oft mit mehreren Problemen zu tun. In St. Peter Ording gibt es das erste Internat im Norden, das sich um sie kümmert.
Veröffentlicht:ST. PETER ORDING. "Was war denn an diesem Tag los? Nur zwei Mal gemessen." Thomas Brinkmeier studiert eine Kurve auf seinem Laptop. Die Daten hat der Arzt von der Insulinpumpe von Lukas (Name geändert) übertragen.
Der 14-Jährige sitzt neben ihm im Besprechungsraum des Nordsee-Internats in St. Peter Ording.
So wie Lukas leben hier acht Kinder zwischen elf und 17 Jahren mit Diabetes. Ihre Eltern haben sich das Internat direkt an der Nordsee wegen des pädagogischen Konzeptes, aber auch wegen der speziellen Betreuung ausgesucht.
Als erstes Internat in Norddeutschland hat sich das Haus auf die Betreuung von Diabetikern spezialisiert.
Pädagogin Julia Riese kümmert sich täglich um die Schüler, außerdem bespricht Brinkmeier drei Mal im Quartal die Werte mit den Schülern, gibt ihnen Tipps und mahnt, wenn er sieht, dass die Schüler - so wie derzeit Lukas - nachlässig werden. Das ist häufig der Fall in den Ferien, oder wenn die Schüler schwierige Phasen durchmachen.
"Die Pumpe verrät alles", schmunzelt Julia Riese bei der Besprechung mit dem Schüler. Die Sportlehrerin hat sich zum Thema Diabetes fortgebildet und steht den Schülern bei Problemen zur Seite.
Eine Nachtwache sichert eine 24-Stunden-Betreuung. So lernen Kinder intensiver als zu Hause, wie sie im täglichen Leben mit ihrer Erkrankung umgehen sollen.
Für die ärztliche Begleitung arbeitet das Internat von Beginn an mit Brinkmeier zusammen, der in der Diabetesambulanz des Heider Westküstenklinikums (0,3 Stelle) und im Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster (0,7 Stelle) beschäftigt ist.
Damit die Schüler nicht für jedes Gespräch mit dem Arzt in den Bus steigen und die Fahrt nach Heide antreten müssen, kommt Brinkmeier zwei Mal im Quartal nach St. Peter Ording.
Bessere Leistungen in der Schule
"Das ist ein großes Entgegenkommen meiner Arbeitgeber", sagt Brinkmeier, der viele der Schüler inzwischen gut kennt.
Er weiß, dass nicht nur die medizinische Versorgung und die Ernährung wichtig sind. "Schüler mit Diabetes müssen den eigenverantwortlichen Umgang mit ihrer Krankheit lernen und benötigen ausreichend Selbstvertrauen, um der Krankheit selbstbewusst und positiv zu begegnen", sagt Brinkmeier.
Den Kontakt zwischen dem Kinder- und Jugendmediziner und dem Internat hat der Vater eines Patienten hergestellt. Der Junge ist noch immer Patient von Brinkmeier und einer der inzwischen acht Diabetiker im Internat.
Die Kostenträger - Jugend- und Sozialämter - zahlen für die besondere Betreuung der acht Kinder mit Diabetes einen monatlichen Aufschlag von 500 Euro neben den Internatskosten. Unter den 120 Mitschülern sind die Kinder mit Diabetes voll integriert.
Auffällig ist, dass sich ihre schulischen Leistungen deutlich gebessert haben. "Sieben von acht haben es auf eine höhere Schulform geschafft", berichtet die Pädagogin. Einher geht diese Entwicklung mit besseren Blutzuckerwerten.
Für Brinkmeier ist das keine Überraschung: "Oft kommen mehrere Belastungen zusammen: häuslich, schulisch und dann noch der Diabetes. Durch die intensivere Betreuung sind Fortschritte in Kombination Schule-Diabetes nachvollziehbar", sagt der Oberarzt.
Julia Riese sieht die Vorteile aber nicht nur auf Seiten der Diabetiker-Kinder: Von der ausgewogenen Ernährung, ausreichend Bewegung und dem strukturierten Tagesablauf profitieren auch die anderen Schüler.