Designierter EU-Sozialkommissar erwägt Neuauflage der Arbeitszeitrichtlinie
Eine gründliche Überarbeitung der umstrittenen EU-Arbeitszeitrichtlinie wird einer der Schwerpunkte der neuen Europäischen Kommission bilden.
Veröffentlicht:BRÜSSEL. Für den Gesundheitsbereich will die Behörde möglicherweise sogar einen eigenen Regelungsvorschlag vorlegen. Dies kündigte der designierte Beschäftigungskommissar der Europäischen Union, Laszlo Andor, bei seiner Befragung durch das Europäische Parlament (EP) im Vorfeld seiner Amtseinführung an. Der Ungar arbeitet derzeit als Vorstandsmitglied für die Europäische Bank für Wiederaufbau in London.
Bei der Festlegung neuer Mindeststandards zur Arbeitszeitorganisation gelte es etwaige Lösungsvorschläge der Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu berücksichtigen, so Andor. Der 43-jährige parteilose, eher linksgerichtete Wirtschaftsexperte schloss nicht aus, dass einzelne Staaten weiter die Möglichkeit erhalten sollen, von der so genannten Opt-out-Regelung zur Verlängerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit Gebrauch zu machen. "Wir müssen realistisch sein, was eine Einigungschance angeht", sagte Andor.
Derzeit wenden 14 EU-Staaten das Opt-out im Gesundheitswesen an. Überstundenregelungen im Gesundheitsbereich dürften jedoch nicht zu Lasten des Gesundheitsschutzes gehen. Andor will sich in seiner Amtszeit ferner darum bemühen, den Schutz von Arbeitnehmern vor den Gefahren durch elektromagnetische Strahlungen zu verbessern. Eine entsprechende Richtlinie hierzu ist bereits in Vorbereitung.
Den Mittelpunkt der Arbeit des künftigen Beschäftigungskommissars wird indes die Bewältigung der Wirtschaftskrise und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bilden. Andor will sich dabei unter anderem intensiv mit der Problematik der Alterung der Gesellschaft sowie dem Kostenanstieg im Gesundheits- und Pflegesektor befassen.
"Ich werde mit den Mitgliedstaaten, dem EU-Parlament und den Sozialpartnern zusammenarbeiten, um die Angemessenheit und Tragfähigkeit der Systeme der sozialen Sicherheit zu verbessern", versprach der designierte Sozialkommissar. Konkrete Antworten auf die drängenden Fragen in der europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik blieb Andor jedoch schuldig, was ihm die Kritik vieler Abgeordneter einbrachte. Der Ungar sei "glatt, unsicher und ideenlos im Detail", so der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EP, Thomas Mann.