Asse: Niedersachsen ist dem Krebs auf der Spur

Warum kommt es im Umfeld des Atommüll-Endlagers Asse häufiger zu Krebserkrankungen? Ein niedersachsen-weites kleinräumiges Monitoring soll jetzt Aufschluss geben.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Ein Mitarbeiter der Schachtanlage Asse vor gelagerten Fässern mit radioaktivem Müll. In der Nähe der Anlage häufen sich Krebserkrankungen.

Ein Mitarbeiter der Schachtanlage Asse vor gelagerten Fässern mit radioaktivem Müll. In der Nähe der Anlage häufen sich Krebserkrankungen.

© dpa

OLDENBURG. Das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) startet in diesem Jahr ein weltweit einmaliges Monitoring-Projekt zur kleinräumigen Erfassung von Krebserkrankungen.

Anlass des Vorhabens sind die bisher ungeklärten auffällig vielen Krebsneuerkrankungen in der Nähe des Atommüll-Lagers Asse im Landkreis Wolfenbüttel.

Laut eines EKN-Berichtes vom vergangenen Jahr erkrankten in der Samtgemeinde Asse, im Umfeld des unterirdischen Atommüll-Lagers, zwischen 2002 und 2009 genau 18 Menschen an Leukämie - statistisch erwartbar waren 8,5.

An Schilddrüsenkrebs erkrankten zwölf Menschen und damit drei Mal so viele wie die erwarteten 3,9. Auch das Risiko, an Leukämie zu sterben lag mit elf Toten zwischen 2002 bis 2008 doppelt so hoch wie im übrigen Landkreis.

Eine der Konsequenzen aus den vermehrt auftretenden Erkrankungen ist das kleinräumige, flächendeckende, landesweite Monitoring bis hinunter auf die Gemeindeebene. Das hatte Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) nach Bekanntwerden der erhöhten Erkrankungsraten angekündigt. Dazu soll eine Meldepflicht für Krebserkrankungen eingeführt werden.

Derzeit plant das Land, entsprechend dem Aufbau der Krebsregistrierung in den Jahren 2000 bis 2003 auch die kleinräumige Analyse über den ehemaligen Regierungsbezirk Weser-Ems, dann Lüneburg, Braunschweig und Hannover umzusetzen, um am Ende ein flächendeckendes verlässliches System für ganz Niedersachsen zu haben, hieß es.

Um den Plan umzusetzen, müssen aber zwei Hürden genommen werden. Im Kontext epidemiologischer Krebsregister muss eine neue statistische Anwendungs-Routine entwickelt werden, und es muss das niedersächsische Krebsregistergesetz geändert werden.

Das statistische Problem schildert Dr. Joachim Kieschke, ärztlicher Leiter des EKN, so: Je kleinräumiger ausgezählt werde, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit falsch positive Ergebnisse zu bekommen. Denn erfahrungsgemäß sei pro Datenanalyse "rein zufällig" ein hoher Anteil an falsch positiven Ergebnissen zu erwarten.

Also: Je mehr Analysen, desto mehr falsch positive Ergebnisse. Die Frage der Statistiker ist nun, wie es angesichts der verzerrenden Zufälle zu verhindern sei, dass ein Gebiet einen Spitzenrang einnimmt, den es gar nicht hat. Derzeit werden mehrere Monitoring-Konzeptionen geprüft.

Die zweite Hürde: Das niedersächsische Krebsregistergesetz muss geändert werden. Bisher erlaubt es nur die genauere Betrachtung von Personengruppen von mehr als 5000 Menschen. "Unter Umständen muss aber kleinräumiger gearbeitet werden, je nach Diagnose müssen dann auch kleinere Gruppen einzeln betrachtet werden", hieß es.

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