Ein Hoffnungsschimmer für ALS-Erkrankte
Der Maler Jörg Immendorff ist daran gestorben, Fußballprofi Krzysztof Nowak ebenso: ALS-Erkrankte erhalten zu wenig mediale Aufmerksamkeit, kritisieren Experten. Eine private Initiative will das ändern und hat der Erkrankung den Kampf angesagt.
Veröffentlicht:BERLIN. Sie gilt als eins der Waisenkinder der Medizin, aber selten ist die Erkrankung amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, nicht: Etwa 8000 Patienten sind in Deutschland betroffen, etwa 2000 Menschen sterben jedes Jahr daran - pro Tag also mehr als fünf.
Zum Vergleich: Ähnlich häufig erkranken Erwachsene an Leukämie oder einem malignen Hirntumor.
Immendorff starb an den Folgen der ALS-Erkrankung
Der deutsche Maler Jörg Immendorff erlag vor vier Jahren im Alter von 61 Jahren den Folgen seiner ALS-Erkrankung.
Ex-Wolfsburg Profi Nowak starb mit 29 Jahren
Der ehemalige polnische Fußball-Nationalspieler und VfL-Wolfsburg-Profi Krzysztof Nowak war 29 Jahre alt, als er starb.
Trotz berühmter Opfer mangelt es aber an der notwendigen Aufmerksamkeit für ALS-Betroffene - und zwar sowohl medial als auch in der Forschung, kritisieren Experten.
Private Initiative will Geld für die Betroffenen sammeln
Das will die neue private Initiative "Hilfe für ALS-kranke Menschen" ändern. Sie hat der bislang unheilbaren Krankheit den Kampf angesagt und will damit den Betroffenen ein Hoffungszeichen geben.
"Die Initiative will ohne bürokratischen Aufwand für die Betroffenen Hilfe leisten", betonte Mitinitiator Professor Detlef Prinz, Inhaber des Medienunternehmens PrinzMedien. Es werde keine Rechtsform und keine Angestellten geben.
Sie wolle vor allem eines: Viel Geld für die Betroffenen sammeln. "Das geht ohne Umwege auf das Konto der ALS-Ambulanz der Berliner Charité", so Prinz. Das gespendete Geld soll langfristig in Grundlagenforschung fließen.
Verbesserte Versorgung ist das Ziel
Unter anderem soll dazu eine Stiftungsprofessur an der Charité eingerichtet werden. Für fünf Jahre würde die etwa 2,5 Millionen Euro kosten. Die Schirmherrschaft für die Initiative hat Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D., übernommen.
"Uns geht es aber zunächst um eine bessere Versorgung der Erkrankten in der Fläche", so Prinz. Viele Betroffene aus der ganzen Republik suchten für eine Behandlung zurzeit die ALS-Ambulanz der Charité auf. Doch die weite Anreise werde mit Fortschreiten der Erkrankung schwieriger.
"Ärzte können bisher wenig tun"
"Ärzte können bisher wenig tun, wenn ihr Patient an ALS erkrankt ist", betonte der Neurologe Professor Thomas Meyer von der Charité. Es gebe immer noch keine Medikamente, mit dem man die Erkrankung beherrschen könne.
Daher bräuchten die ALS-Patienten vor allem eine gute Pflege vor Ort, und zwar auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt.
Pflegebedarf kann sich jederzeit ändern
Meist seien dafür mehrere Experten notwendig, da die Krankheit unterschiedliche Verlaufsformen habe. Das Tückische daran: Der Pflegebedarf kann sich jederzeit ändern. Plötzlich ist zum Beispiel der gerade bestellte Rollstuhl nutzlos, da der Patient von einem Tag auf den andern die Hände nicht mehr bewegen kann.
"Diese Patienten brauchen Rollstühle, die sich nur mit Restbewegung durch das Kinn steuern lassen", erklärte der Neurologe. Bei anderen sei schnell ein Beatmungsgerät notwendig oder ein Sprachcomputer.
Internetportal soll als Netzwerk dienen
Die Initiative will diese Versorgungslücke schließen: das Internetportal www.ambulanzpartner.de, das von der Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte gefördert wird, ist so etwas wie ein soziales Netzwerk für Schwerkranke.
Ärzte und Pflegedienste können auf der Online-Plattform den Krankheitsverlauf des Patienten eintragen. Der Datenschutz der Patienten sei gewährleistet. Allein der Patient entscheide, wer Zugriff zu seiner digitalen Krankenakte erhalte.
Webseite könnte Kooperation zwischen Ärzten und Pflegenden vereinfachen
Doch der Vorteil liege auf der Hand: Alle Beteiligten hätten schnell und unbürokratisch Zugriff auf die wichtigsten Daten. Auf diesem Wege ließe sich auch die Kooperation zwischen Ärzten und Pflegenden vereinfachen.
"Zurzeit befinden wir uns im Roll-out des Konzeptes auf Bundesebene", so Meyer.
Pflege vor Ort muss organisiert werden
Ergänzend dazu soll eine bundesweite Koordinierungsstelle eingerichtet werden, die die Pflege vor Ort organisiert. "Oftmals brauchen die Patienten zum Beispiel Hilfsmittel, die in einem normalen Sanitätshaus nicht zu kriegen sind", erklärte Meyer.
Zwei eigens dafür eingestellte Koordinatorinnen springen in solchen Fällen ein und suchen eine wohnortnahe Lösung, notfalls aber auch bundesweit.
"Natürlich sind unsere Projekte noch nicht die Lösung aller Probleme", räumte Meyer ein. Doch sie schafften für die Betroffenen ein hilfreiches Netzwerk. Das sei immerhin ein erster Schritt.
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