Ärzte dürfen Schweigepflicht brechen

Nach mehreren tragischen Fällen sollen Kinder endlich besser vor Missbrauch geschützt werden. Ärzte dürfen künftig in Verdachtsfällen ihre Schweigepflicht brechen. Unterdessen schlägt der Städtetag Alarm.

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Angst vor Missbrauch? Ärzte dürfen künftig einschreiten.

Angst vor Missbrauch? Ärzte dürfen künftig einschreiten.

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BERLIN (dpa). Kinder sollen besser vor Misshandlungen und Verwahrlosung geschützt werden. Nach jahrelanger Debatte beschloss der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen der Koalition ein neues Kinderschutzgesetz.

Es zieht die Konsequenz aus einer Reihe von spektakulären Kindstötungen und Missbrauchsfällen in jüngster Zeit. Nach den Worten von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) beseitigt das Gesetz bisherige Lücken und Schwachstellen beim Kinderschutz.

Mit diesem "Meilenstein" werde es möglich, oft unfassbaren Quälereien rascher auf die Spur zu kommen. Die Opposition zeigte sich prinzipiell einverstanden, forderte aber zusätzliche Verbesserungen.

Keine Schweigepflicht bei "gewichtigen Anhaltspunkten"

Mit der Neuregelung werden die Jugendämter verpflichtet, so genannte Risikofamilien stärker zu kontrollieren. Bei klaren Hinweisen auf eine Gefährdung von Kindern soll es regelmäßige Hausbesuche geben.

Ärzte und Psychologen können bei gewichtigen Anhaltspunkten für Misshandlungen von sich aus ihre Schweigepflicht brechen und die Behörden einschalten.

Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe müssen zudem Mindeststandards erfüllen, um weiter öffentliche Zuschüsse zu bekommen. So wird die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen für hauptamtlichen Mitarbeiter vorgeschrieben, die auch Vorstrafen bei Sexualdelikten enthalten.

120 Millionen Euro für Familienhebammen

Ein weiteres Kernstück ist der verstärkte Einsatz von Familienhebammen mit Zusatzausbildung für frühe Hilfen in Problemhaushalten.

Sie sollen die Erziehungskompetenz der Eltern während der Schwangerschaft und in der ersten Zeit nach der Geburt des Kindes stärken. Dafür stellt der Bund befristet bis 2015 insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Einige Länder haben wegen ihrer Kosten Widerstand im Bundesrat angekündigt. Ministerin Schröder warnte vor einer Blockade. "Kinderschutz zum Nulltarif gibt es nicht", sagte sie.

Städte wollen Klagen verhindern

Der Deutsche Städtetag sieht den beschlossenen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder ab August 2013 gefährdet.

In vielen Städten liege der Bedarf bei über 50 Prozent und damit weitaus höher als bislang von der Bundesregierung erwartet, sagte sein Präsident, Münchens Oberbürgermeister Christina Ude (SPD).

Wenn der Anspruch nicht pünktlich eingelöst werden könne, müssten die Eltern rechtzeitig Bescheid wissen. Es müsse verhindert werden, dass Städte mit Klagen und Schadenersatzforderungen überzogen würden, erklärte Ude in Berlin.

Anteil der Tagesmütter steigt

Immer mehr Kinder werden von Tagesmüttern oder -vätern betreut. Eltern von 124.000 Kindern hätten am Stichtag 1. März 2011 das Angebot der öffentlich geförderten Kindertagespflege in Anspruch genommen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.

Das sind 10,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten der so betreuten Kinder sind jünger als drei Jahre.

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