Auszeichnung

Wegweisende Ideen im Gesundheitswesen

Zum neunten Mal ist der Janssen-Zukunftspreis verliehen worden. Die drei preisgekrönten Projekte zeigen, dass jeder Einzelne im Gesundheitswesen etwas bewegen kann.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Preisträger des Janssen-Zukunftspreises: (von links) Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch, Professor Michael Oeff, Dr. Jürgen Krülls-Münch, Ansgar Jonietz, Harald Möhlmann, Johannes Bittner, Franziska Rubin (Jury), Dr. Ina Rudolph (Janssen-Cilag), Harm van Maanen (Jury), Professor Rudolf Hickel (Jury), Anja Kersten, Professor Gerd Glaeske (Jury).

Preisträger des Janssen-Zukunftspreises: (von links) Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch, Professor Michael Oeff, Dr. Jürgen Krülls-Münch, Ansgar Jonietz, Harald Möhlmann, Johannes Bittner, Franziska Rubin (Jury), Dr. Ina Rudolph (Janssen-Cilag), Harm van Maanen (Jury), Professor Rudolf Hickel (Jury), Anja Kersten, Professor Gerd Glaeske (Jury).

© Grothues

NEUSS. Ob eine Neuerung im Gesundheitswesen gut und sinnvoll ist, entscheidet sich an einer zentralen Frage: Hat der Patient etwas davon? Bei den Projekten, die in diesem Jahr den Zukunftspreis des Pharmaunternehmens Janssen erhalten, kann diese Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet werden.

Die Initiatoren des "Werdenfelser Wegs" etwa haben durch die Kommunikation zwischen den Beteiligten und einem rechtssicheren Verfahren dafür gesorgt, dass die Zahl der Fixierungen von Pflegeheim-Bewohnern drastisch nach unten gegangen ist.

Das bringe den Betroffenen eine höhere Lebensqualität, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Professor Rudolf Hickel, Mitglied der Jury des Zukunftspreises. Außerdem: "Die Initiatoren haben das Bewusstsein für die Problematik deutlich erhöht."

Schwer herzkranke Patienten in Brandenburg profitieren im "Telemedizin-Netzwerk" von einem 24-Stunden-Monitoring, das ihnen eine neue Sicherheit und damit deutlich mehr Lebensqualität verschafft. Dabei spielen die Kranken nicht nur eine passive Rolle.

Ideen in die Öffentlichkeit tragen

"Durch den engen Patientenkontakt und die Rückkoppelung der Befunde werden sie in das Krankheitsgeschehen eng eingebunden", sagte Harm van Maanen, Executive Vice President des Verlags Springer Medizin, zum dem auch die "Ärzte Zeitung" gehört.

Die Nutzer des von Studierenden gegründeten Online-Portals "Was hab ich?" verstehen endlich, was ihnen die bislang unverständlichen Begriffe im ärztlichen Befundbericht sagen wollen.

Die Studenten haben eine Lücke im System entdeckt und sie geschlossen, lobte der Pharmazeut Professor Gerd Glaeske. Nicht nur die Hilfesuchenden profitierten von dem Angebot. "Die Studierenden selbst lernen, die Kommunikation mit Patienten einzuüben."

Das Gesundheitswesen brauche Raum für Ideen und Zukunftsprojekte, sagte Dr. Ina Rudolph von der Janssen-Geschäftsleitung bei der Preisverleihung in Neuss. "Die Preisträger zeigen Optimierungsbedarf und Bruchstellen im System auf."

Janssen verleiht den mit insgesamt 15.000 Euro dotierten Zukunftspreis in diesem Jahr bereits zum neunten Mal. Auch die Preisträger 2012 zeigten, dass jeder Einzelne im Gesundheitswesen etwas bewegen kann, betonte Rudolph.

Mit der Auszeichnung wolle Janssen dazu beitragen, dass die neuen Ideen auch in einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden und sich hoffentlich verbreiten: "Der Preis soll ein Zukunftsbote für neue Wege im Gesundheitswesen sein."

Telemedizin in Brandenburg

In Brandenburg können Patienten mit einer chronischen Herzinsuffizienz mit fortgeschrittenem Schweregrad wieder beruhigter durchs Leben gehen. Selbst kleine Veränderungen ihres Gesundheitszustands bleiben nicht unbemerkt. Wenn die Patienten unsicher sind, haben sie jederzeit einen kompetenten Ansprechpartner.

Das neue Sicherheitsgefühl vermittelt den Herzkranken das "Telemedizin-Netzwerk". Es ist das erste flächendeckende Programm zur telemedizinischen Überwachung von kardiologischen Hochrisikopatienten. Ausgezeichnet für die Initiative, die seit Herbst 2011 läuft, wurden Professor Michael Oeff vom Städtischen Klinikum Brandenburg, Dr. Jürgen Krülls-Münch vom Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus und Harald Möhlmann von der AOK Nordost.

Zurzeit profitieren 80 Patienten von dem Angebot, langfristig sollen es 500 werden. Es ist auf andere chronische Krankheiten übertragbar.

Online-Portal übersetzt Arztbriefe

Arztbriefe und Befundberichte müssen für Patienten kein Buch mit sieben Siegeln mehr sein. Das Internetangebot www.washabich.de bietet ihnen die Übersetzung des Mediziner-Lateins in verständliches Deutsch. Hinter dem Projekt stehen die Medizinstudierenden Johannes Bittner und Anja Kersten sowie der Informatiker Ansgar Jonietz. Inzwischen haben sie rund 300 Medizinstudierende, 40 Ärzte und zwei Psychologen zur Seite - und suchen weitere Mitstreiter. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement konnte das Team seit Januar 2011 schon fast 7500 Patienten helfen. "Wir haben inzwischen ein virtuelles Wartezimmer eingerichtet, denn wir haben mehr Resonanz als wir bearbeiten können", sagte Jonietz.

In die ärztliche Arbeit wollen sich die Übersetzer nicht einmischen. Die Übersetzung kann den Patienten aber durchaus helfen, gemeinsam mit dem Arzt Entscheidungen zu treffen, hoffen sie.

Weniger Fixierungen in Pflegeheimen

Bauchgurte, Gitter am Bett und verschlossene Zimmertüren - die Fixierung pflegebedürftiger Patienten in Heimen ist eine massive Einschränkung ihrer Freiheit. Sie erscheint aber oft nötig, um die Patienten zu schützen. Dass es auch anders geht, zeigen die Initiatoren des "Werdenfelser Wegs" im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Speziell ausgebildete Verfahrenspfleger prüfen dort gemeinsam mit Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern der Pflegeeinrichtungen, ob eine Fixierung der Patienten notwendig ist. Das Ergebnis wird in einer gerichtlichen Entscheidung festgehalten. Das reduziert das Haftungsrisiko der Heime, falls doch einmal etwas passiert.

"Wir haben 70 Prozent bis 80 Prozent weniger Fixierungen", berichtete Amtsrichter Dr. Sebastian Kirsch. Ein wichtiger Baustein des Erfolgs: "Alle tragen die Last der Verantwortung, damit wird sie für alle tragbar", so Sozialpädagoge Josef Wassermann.

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