Thüringen
Höhere Gehälter gegen die Pflegekrise
Kampf gegen den Pflegemangel: Nach Niedersachsen will auch Thüringen ein seltenes Bündnis aus Kassen und Verbänden die Gehälter in der Pflege anheben.
Veröffentlicht:ERFURT. Ein Pakt gegen die Pflegekrise: Altenheime und Pflegedienste in Thüringen suchen händeringend nach Fachkräften. In einem Pflegepakt versprechen Kassen und Pflegeverbände nun deutlich höhere Löhne und Pflegesätze, um die drohende Versorgungskrise abzuwenden.
Thüringen ist nach Niedersachsen das zweite Bundesland, das mit dem ungewöhnlichen Bündnis auf den angespannten Arbeitsmarkt reagiert. Auf drei offene Stellen in der Altenpflege kommt inzwischen nur noch ein Bewerber.
"Wir haben die Sorge, dass die in Thüringen ausgebildeten Pflegekräfte abwandern, weil die Verdienstmöglichkeiten etwa in Bayern oder Hessen besser sind", sagt Rainer Striebel, stellvertretender Vorstandschef der AOK Plus.
Keine andere Krankenkasse ist von den Folgen so betroffen wie die AOK Plus. Fast 75 Prozent der rund 80.000 pflegebedürftigen Thüringer sind bei ihr versichert. Ihre Pflegekosten stiegen im vergangenen Jahr auf 574 Millionen Euro.
Und man ist bereit noch mehr zu zahlen: Laut Pflegepakt will die Kassenseite die Vergütung schrittweise deutlich anzuheben.
Kampagne für mehr Azubis
So soll es den Pflegediensten ermöglicht werden, konkurrenzfähige Löhne zu bezahlen. Im Schnitt verdienen Fachkräfte in den Altbundesländern ein Drittel mehr Gehalt. Noch ist der Pflegepakt allerdings nicht in trockenen Tüchern, die Unterschriften stehen bislang aus.
Strittig ist die Einführung von flächendeckenden Tariflöhnen. "Wir sind bereit, höhere Pflegesätze zu zahlen, wenn wir die Sicherheit haben, dass das Geld auch bei den Beschäftigten ankommt. Wir werden die Träger hier nicht im Regen stehen lassen", sagt Striebel.
Die AOK Plus setze sich für tariflich geregelte Arbeitsverhältnisse ein. Die Höhe bleibe selbstredend den Tarifpartnern überlassen. Vor allem der Verband der privaten Pflegeeinrichtungen (BPA) ist misstrauisch.
Der Landesvorsitzende Thomas Engemann favorisiert eine andere Reihenfolge: "Der Tariflohn ist nicht der interessante Zugang zu dem Thema. Es geht darum, dass die Pflegedienste von den Kassen angemessen vergütet werden, dann können auch höhere Gehälter gezahlt werden. Die von den Kassen verhandelten Pflegesätze gehören zu den niedrigsten in Deutschland."
Mitte Oktober sollen die Gespräche fortgesetzt werden. Bereits unstrittig ist, dass der Beruf mit einer landesweiten Ausbildungskampagne bekannter gemacht werden soll.
Nach einer Studie der Universität Jena fehlen in Thüringen im Bereich der Altenpflege bis 2020 voraussichtlich etwa 15.000 Beschäftigte.