Kinderchirurgie

DRG-System deckt Bedürfnisse nicht ab

Zwei Drittel der Zehn- bis 15-Jährigen wurden 2013 nicht von einem speziell ausgebildeten Kinderchirurgen operiert - ein Mangel, der laut Fachgesellschaften nur durch eine Reform des DRG-Systems behoben werden kann.

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Kleine Patienten haben spezielle Bedürfnisse. Vor einer Op müssen die Eltern einbezogen werden.

Kleine Patienten haben spezielle Bedürfnisse. Vor einer Op müssen die Eltern einbezogen werden.

© gpointstudio / Fotolia.com

BERLIN. Weil die speziellen Bedürfnisse von Kindern bei chirurgischen Eingriffen über das DRG-System nicht ausreichend abgedeckt werden und kinderchirurgische Einrichtungen vor Ort oft fehlen, werden viele Kinder in Deutschland nicht von einem spezialisierten Kinderchirurgen operiert, warnt die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).

"Der Bedarf von Kindern ist in den Fallpauschalen nicht ausreichend abgebildet", sagte Professor Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin.

"Dazu kommt, dass die Versorgungslandschaft in Deutschland sehr inhomogen ist. Wir haben Überversorgung in Ballungsgebieten und Unterversorgung auf dem Land."

Reform des DRG-Systems gefordert

Tillig sagte, dass 2013 fast ein Viertel der Säuglinge, etwa ein Drittel der Kleinkinder unter fünf Jahren, über die Hälfte der Fünf- bis Zehnjährigen und über zwei Drittel der Zehn- bis 15-Jährigen nicht von einem speziell ausgebildeten Kinderchirurgen operiert wurden.

"Kinder brauchen aber eine spezielle Betreuung, deshalb gibt es ja den Facharzt für Kinderchirurgie."

Er forderte von der Politik eine Reform des DRG-Systems, damit die speziellen Bedürfnisse der Kinder abgedeckt werden. Nach derzeitigem Stand sei die Mehrzahl der kinderchirurgischen Kliniken in Deutschland nicht kostendeckend zu betreiben.

So behandelt ein durchschnittliches kinderchirurgisches Krankenhaus in Deutschland etwa 1400 Kinder im Jahr, für den kostendeckenden Betrieb seien aber mindestens 2500 Patienten nötig, sagte Tillig. "Kinder werden auf Zahlen reduziert, das können wir mit unserem Ethos nicht vereinbaren." Stattdessen sei es manchmal die ethisch richtige Entscheidung, nicht zu operieren.

Tillig forderte neben einer Anpassung der DRGs von den Ländern, für eine homogenere Versorgung in der Fläche zu sorgen. "Wir vermissen, dass die Länder die Versorgung in der Fläche mitgestalten", sagte er. Auch regionale Überversorgung in Ballungszentren wie Berlin müsse reguliert werden.

Das derzeitige Ungleichgewicht führe dazu, dass spezielle kinderchirurgische Leistungen nicht mehr finanzierbar sind und in der Folge Personal abgebaut wird. Dadurch verschlechtere sich nicht nur die Versorgung, auch die Voraussetzungen für die Ausbildung von Kinderchirurgen litten laut Tillig darunter.

"Nicht jede machbare Op ist richtig"

Die Präsidentin der DGCH, Professor Gabriele Schackert, sagte, nicht jede machbare Operation sei richtig. Sie verwies auf den Chirurgenkongress im April 2016, der unter dem Motto "Chirurgie im Spannungsfeld von Technik, Ethik und Ökonomie" stehen wird.

"Wir müssen uns fragen, ob der Patient auch einen wirklichen Nutzen von einem Eingriff hat", sagte sie. Um das herauszufinden, müsse der Chirurg sich Zeit nehmen.

Dies sei heute umso wichtiger, weil viele Patienten sich vorab im Internet informieren und mit festen Vorstellungen und Ansprüchen zum Chirurgen kommen.

"Ich nehme mir für jeden Patienten eine halbe Stunde, und das ist auch nötig."

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