Armutsbericht 2017

Psychisch Erkrankte sind besonders von Armut bedroht

Die Armut in Deutschland ist auf einen neuen Höchststand von 15,7 Prozent angestiegen. Zu diesem Fazit kommt der aktuelle Armutsbericht, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Zum ersten Mal beleuchtet er auch die gesundheitlichen Folgen der Armut.

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BERLIN. Um psychisch erkrankte Menschen vor Armut zu schützen, müssen Reha- und Integrationsmaßnahmen optimiert werden. So lautet ein Fazit des aktuellen Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

Erstmals hat dieser das Thema Gesundheit in zwei eigenständigen Kapiteln aufgegriffen. "Mangelnde Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist auch Armut", sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Verbandes. Das trifft laut Bericht vor allem auf psychisch Erkrankte zu: Neben Arbeitsunfähigkeit und dadurch bedingte finanzielle Risiken sind sie häufig von Ausgrenzung betroffen – etwa, wenn aufgrund einer Depression nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilgenommen werde. "Mit einer psychischen Erkrankung geht oft eine Erosion von sozialen Netzwerken einher; eine Abwärtsspirale in die Armut setzt ein", so die Autoren Sabine Bösing und Josef Schädle.

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So hat sich die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Krankheiten nach Zahlen der DAK-Gesundheit in den letzten 30 Jahren mehr als verdreifacht (die "Ärzte Zeitung" berichtete); laut Armutsbericht haben 50 Prozent der psychisch Kranken mit schweren Verläufen keine Arbeit, nur zehn Prozent haben einen regulären Arbeitsplatz. Ähnlich gestaltet sich die Lage laut Armutsbericht bei Menschen mit Behinderung: "Ihr Armutsrisiko liegt sieben Prozent über jenem der normalen Bevölkerung", so Dr. Sigrid Arnade, Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmtes Leben in Deutschland (ISL).

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Gründe für die niedrige Beschäftigungsquote bei psychisch Erkrankten sehen die Autoren in dem "zu starren und intransparenten System von Reha- und Integrationsmaßnahmen". Individuell zu gestaltende Übergänge von der Akut- in die Rehabehandlung und eine frühe Wiedereingliederung würden noch immer zu wenig umgesetzt. Auch die Erkrankung in oft frühen Jahren erschwere die spätere Erwerbstätigkeit.

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Insgesamt zeigt der Bericht mit einer Armutsquote von 15,7 Prozent einen neuen Höchststand auf. Der erstmals mögliche Zehn-Jahres-Vergleich verdeutlicht dabei die Problematik der Altersarmut: Mit einem Anstieg um 49 Prozent (2005: 10,7 Prozent; 2015: 15,9 Prozent) ist diese laut Schneider ein "Ausreißer in der Statistik". Durchgreifende Reformen in der Alterssicherung seien daher unausweichlich, um Altersarmut vorzubeugen.

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Diese Armut schlägt sich in einem allgemein schlechteren Gesundheitszustand sowie einer kürzeren Lebenserwartung nieder. Dr. Thomas Lampert vom RKI, Autor des Kapitels "Armut und Gesundheit", beruft sich auf eine Studie des RKI: Männer, die an oder unter der Armutsgrenze leben, sterben demnach im Schnitt 10,8 Jahre früher als Wohlhabende. Bei Frauen beträgt die Differenz acht Jahre.

Chancen nachzusteuern sieht Lampert im Präventionsgesetz. Weil Aufklärung bisher oft an Menschen mit sozial schwachem Status vorbeigehen würde, sei der Lebenswelten-Ansatz sinnvoll. Schneider setzt auf einen veränderten Diskurs: "Das Wahlergebnis in den USA hat das Thema soziale Ungleichheit auch hier bewusst gemacht", sagte er in Berlin. (jk)

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