Bundesausschuss und Industrie suchen Dialog
Beim Streitthema Innovationen scheint es eine konstruktive Annäherung der Positionen zwischen dem Gemeinsamen Bundesausschuss und der Industrie zu geben - bei Pharma- und Medizintechnik.
Von Helmut Laschet
Die forschenden Arzneimittelhersteller sind dabei, sich auf neue gesetzliche Rahmenbedingungen einzustellen. Das heißt: Es bleibt zwar bei der bisherigen Kosten-Nutzen-Bewertung, aber hinzu tritt das Instrument einer Schnellbewertung, die dazu dient, zeitig nach der Zulassung vorläufig zu entscheiden, ob ein neues Präparat einen Zusatznutzen stiftet und deshalb als Solist preislich nicht mit älteren Arzneimitteln in einen Topf geworfen werden kann.
Das sei deshalb nötig, so GBA-Vorsitzender Dr. Rainer Hess, weil gegenwärtig Arzneimittel bewertet werden, deren Patentlaufzeit sich schon dem Ende entgegenneigt.
Deshalb sei das politische Ziel richtig, eine rasche Bewertung unmittelbar nach der Zulassung zu bekommen. Die Vorgabe des Gesetzgebers sei allerdings, dass es keine vierte Hürde geben darf, also mit der Zulassung auch die Erstattung durch die Kassen gesichert ist. Darum müsse der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen so setzen, dass für Hersteller starke Anreize vorhanden sind, rasch möglichst umfassende Daten für die Entscheidung zu liefern, ob ein neues Präparat ein innovativer Solist ist oder nicht. Anders gesagt: Die Industrie muss ein reales Risiko haben, dass ihr Arzneimittel ohne hinreichendes Dossier unter Festbetrag kommt. Hess: "Wenn ein vollständiges Dossier von der Industrie geliefert wird, dann ist eine Schnellbewertung in drei Monaten möglich." Deren Ergebnis sei aber nicht für immer zementiert.
Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller, ist sich mit Hess darin einig, dass die Frühbewertung weder die Kosten-Nutzen-Bewertung ersetzt noch eine schnelle Kosten-Nutzen-Bewertung ist. Vielmehr bedürfe die Schnellbewertung einer eigenen Methodik. Dazu sei ein konstruktiver Dialog notwendig: die Klärung von Beteiligungsrechten (Scoping), die Akzeptanz von Surrogat-Parametern, Modellierungen, schließlich der Umgang mit Unsicherheit bei unvollständigen Daten.
Einigkeit auch in diesem Punkt: Nachgelagert kann es eine regelrechte Kosten-Nutzen-Bewertung auf Antrag eines berechtigten Beteiligten geben - des Herstellers, um die Alleinstellung seines Produkts nachzuweisen und einen vorläufig festgesetzten Höchstbetrag zu beseitigen, oder der Kassen, wenn ein Produkt als vorläufiger Solist die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt.
Auch für die Medizintechnik-Industrie scheint sich ein Kompromiss im Umgang mit Innovationen abzuzeichnen. Das Problem bislang: In der Klinik ist jede neue Technik erlaubt, solange der GBA sie nicht verboten hat. In der ambulanten Medizin muss er aber eine Innovation ausdrücklich erlauben. Derzeit gibt es außerdem wenig aussagefähige Studien.
Das soll nun nach den Plänen des GBA homogenisiert werden: Er will für neue medizintechnische Verfahren Modellversuche initiieren, die als hinlänglich große Studien konzipiert werden. In Modellversuchen können die Kassen Leistungen sowohl stationär als auch ambulant bezahlen. Am Ende steht eine Bewertung, die für Klinik und Praxis gleichermaßen gilt.
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