Hintergrund

Neues Kapitel im Medizinstudium: Bachelor in Oldenburg und Groningen startet

Große Freude an der Universität Oldenburg: Der Wissenschaftsrat ebnet den Weg für eine European Medical School in Zusammenarbeit mit der Universität im niederländischen Groningen. Scharfe Kritik an den Plänen kommt von Bundes- und Landesärztekammer.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Demnächst könnten sich in Oldenburg auch Medizinstudenten einschreiben.

Demnächst könnten sich in Oldenburg auch Medizinstudenten einschreiben.

© Uni Oldenburg

Im niedersächsischen Oldenburg knallen die Sektkorken. Der Wissenschaftsrat hat den Weg frei gemacht für ein grenzüberschreitendes europäisches Bachelor-Master-Medizinstudium in Groningen und Oldenburg, das erste seiner Art in Europa.

Weil auch das Land Niedersachsen zustimmt, kann die European Medical School Oldenburg - Groningen (EMS) offenbar bald gegründet werden sowie das Universitätsklinikum Oldenburg (UKO) aus drei Oldenburger Krankenhäusern.

Bachelor-Studium ja, Bachelor-Abschluss nein

Den Widerstand des Bundesgesundheitsministeriums und seines Ministers Philipp Rösler (FDP) im Wissenschaftsrat konnte ein Kompromiss erweichen: Bachelor- und Master-Studium für Medizin in Deutschland ja - Bachelor und Master Abschlüsse für Medizin in Deutschland nein.

"Das Studium bleibt genau so, wie wir es wollten", sagte Professor Rudolf Raab vom Klinikum Oldenburg zur "Ärzte Zeitung", "die Ausbildung in Holland und Deutschland ist identisch. Aber in Oldenburg wird es nur ein Staatsexamen geben, den Bachelor und Master-Abschluss dagegen nur in Groningen."

Beide Abschlüsse befähigten "zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in allen Staaten der Europäischen Union", betonte der Wissenschaftsrat.

"Das in den Niederlanden etablierte problemorientierte und kompetenzbasierte Lernen, in dem von Beginn an die Patienten im Zentrum stehen und gleichzeitig wissenschaftliches Arbeiten trainiert wird, bietet wichtige Impulse für die hochschulmedizinische Ausbildung in Deutschland", sagte der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Peter Strohschneider.

Für das Wintersemester 2011/ 2012 planen die beiden Unis die gemeinsame Fakultät für 40 Studierende, die nach drei Jahren den Bachelor erwerben können und nach drei weiteren Jahren den Master in Geneeskunde in Holland beziehungsweise das Staatsexamen in Deutschland.

Bewerbern, die bereits den vorklinischen Studienteil an einer anderen Hochschule absolviert haben, wird über ein "Brückenjahr" der Quereinstieg in das letzte Jahr des Bachelorstudiums eröffnet.

Der Wissenschaftsrat knüpfte auch Bedingungen an seine Zustimmung. Besonders der personellen Abdeckung einzelner medizinischer Fächer, der rechtlichen Ausgestaltung zur Schaffung eines Universitätsklinikums aus den drei Oldenburger Krankenhäusern und Teilen des Finanzierungskonzeptes hat der Rat Nachbesserungsbedarf bescheinigt.

"Etwa in der Mikrobiologie oder der Immunologie müssen wir nachbessern", sagte die Oldenburger Universitätspräsidentin Professor Babette Simon. "Der Bedarf ist aber relativ leicht zu decken." Über die Kosten schweigen die Verantwortlichen. Anfang des Jahres war bei der Uni Oldenburg von jährlich elf Millionen Euro die Rede. "Nach dem Votum des Wissenschaftsrates müssen wir jetzt erneut kalkulieren", erklärte Simon, die Krebsforscherin ist.

Niedersachsen begrüßt die Pläne

Niedersachsen kommentierte die Entscheidung aus Lübeck, wo der Rat tagte, ausgesprochen positiv. Ministerpräsident David McAllister (CDU) erklärte, die EMS sei "aktive Vorsorge gegen Ärztemangel und eine vorausschauende Investition in unsere künftige Gesundheitsversorgung."

Harsche Kritik indessen kommt von der Bundesärztekammer (BÄK). Durch den Studiengang würden zwar "vergleichsweise billige Mediziner zur Verfügung stehen, die Versorgungsqualität der Bürger würde aber erheblich reduziert und die Probleme in der Patientenversorgung um ein Vielfaches potenziert", sagte Professor Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer. In einer Pressemitteilung schloss sich die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) der Bewertung durch die BÄK "uneingeschränkt an".

Das Konzept der beiden Unis war dem Wissenschaftsrat vom Land Niedersachsen vorgelegt worden. Wegen Unstimmigkeiten zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung war eine Entscheidung des Rates seit Monaten immer wieder verschoben worden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Guter Kompromiss um Bachelor

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