Die Mehrheit geht zuerst zum Hausarzt
80 Prozent der Deutschen geht mindestens einmal im Jahr zum Hausarzt, so der Barmer GEK-"Arztreport 2011". Beleg für die Kasse, dass Hausarztorientierung auch ohne Hausarztverträge funktioniert. Der Hausärzteverband sieht das anders.
Veröffentlicht:BERLIN (hom/sun). Zwischen Hausärzteverband und Ersatzkassen rumort es. Auslöser des Streits sind einmal mehr die umstrittenen Hausarztverträge nach Paragraf 73 b SGB V.
Barmer GEK-Vize Rolf-Ulrich Schlenker sagte bei der Vorstellung des neuen "Arztreports" seiner Kasse Anfang der Woche in Berlin, der Hausarzt genieße in Deutschland "hohe Akzeptanz". Eine Analyse der Arztkontakte habe ergeben, dass es keine Hinweise auf ein "Ärzte-Hopping" gebe.
80 Prozent der Bundesbürger suchten zuerst einen allgemeinmedizinisch oder internistisch tätigen Hausarzt auf - "und zwar ganz ohne Hausarztverträge oder Hausarztprogramme". Die Studie liefere demnach den Beleg dafür, dass die primäre Hausarztorientierung Realität sei, so Schlenker.
Der Chef des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der seit Jahren für den Abschluss von Hausarztverträgen durch alle gesetzlichen Krankenkassen kämpft, hatte dagegen kürzlich kritisiert, viele Kassen, vor allem aber die Ersatzkassen, wollten "noch immer" keine Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung abschließen, obwohl ihnen dies gesetzlich klar vorgeschrieben sei.
Der Hausärzteverband sieht in den Hausarztverträgen die Chance, den Hausarzt zu einem Lotsen im Gesundheitssystem zu machen und unnötige Arztkontakte zu reduzieren.
Die Barmer GEK hatte als Rechtsnachfolgerin der früheren Gmünder Ersatzkasse (GEK) erst kürzlich den GEK-Hausarztvertrag gekündigt. Seit dem 1. Januar 2011 können Ärzte keine Leistungen aus diesem Vertrag mehr abrechnen.
Zwischen Ersatzkassen-Lager und Hausärzteverband herrscht seit Monaten ein Kleinkrieg um die Hausarztverträge. Eskaliert war der Streit im Juni 2010.
Damals hatten mehrere Kassenvorstände, darunter die von DAK und Barmer GEK, in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor einer Ausgabenexplosion infolge der Hausarztverträge gewarnt. Die Koalition hatte daraufhin Änderungen am Paragrafen 73 b vorgenommen.
Danach muss sich die Vergütung in neuen Hausarztverträgen an der Regelversorgung orientieren. Mehrleistungen müssen über Einsparungen an anderer Stelle refinanziert werden.
Gesundheits-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) hatte unlängst betont, die Kassen seien weiterhin zum Abschluss von Hausarztverträgen verpflichtet.