Suchtmedizin
Südwesten fordert weniger Bürokratie
Praxisfremde Vorgaben bremsen die Versorgung Suchtkranker mit Diamorphin. Baden-Württemberg fordert Minister Bahr zum Gegensteuern auf.
Veröffentlicht:STUTTGART/BERLIN Die Behandlung Drogenkranker mit Diamorphin soll weniger bürokratisch werden. Das ist Ziel eines Vorstoßes der baden-württembergischen Gesundheitsministerium Katrin Altpeter (SPD).
In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), das der "Ärzte Zeitung" vorliegt, macht sich Altpeter für einen Ausbau der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung stark.
Bislang sind im Südwesten außer dem Modellstandort Karlsruhe keine weiteren Einrichtungen eröffnet worden - und das, obwohl seit Mitte 2009 mit dem Bundesgesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung rechtlich Klarheit herrscht.
Die grün-rote Regierung in Stuttgart hat eigens eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Hemmschuhe beim Ausbau zu ermitteln.
Kostenfrage Personal
Ergebnis: Es klemmt auch bei Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Vorgeschrieben ist dort unter anderem, dass die Standorte drei Arztstellen in Vollzeiten nachweisen müssen.
Dies, schreibt Altpeter, sei gerade bei Standorten mit geringen Patientenzahlen ein "entscheidender Kostentreiber hinsichtlich der laufenden Betriebskosten".
Bahr möge im GBA darauf hinwirken, dass die personellen Standards "auf ein vernünftiges Maß" gesenkt würden, lautet der Appell aus Stuttgart.
Kopfzerbrechen macht Praktikern in der Suchtbehandlung auch die Vorgabe, wonach das Diamorphin nur parenteral angewendet werden darf (Paragraf 5 Absatz 9a Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung, BtmVV).
Neue Einrichtung in Stuttgart geplant
Hier sollten beispielsweise auch orale Anwendungen möglich werden, fordert Altpeter: "Langzeitabhängige verfügen in der Regel über kein intaktes Venensystem mehr", schreibt die Ministerin.
Das BMG wollte sich auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" nicht zu den Forderungen äußern. Der Brief werde aber "zeitnah beantwortet", hieß es.
Die Forderungen würden gegenwärtig allein von Baden-Württemberg getragen, sagte Altpeters Sprecher Hellmut Zorell der "Ärzte Zeitung"
In Baden-Württemberg werden gegenwärtig in Karlsruhe 30 Drogenkranke behandelt. Anfang 2014 soll in Stuttgart eine zweite Einrichtung entstehen.
Um alle Sicherheitsstandards erfüllen zu können, will das Landesministerium die Investitionskostenzuschüsse auf bis zu 150.000 Euro erhöhen.
Altpeter kündigte an, mit den Kassen sollten Gespräche geführt werden, um auch bei geringen Patientenzahlen "eine auskömmliche Finanzierung dieser Behandlungsform zu erreichen."