Notdienstreform
Wo endet die Solidarität?
Der Südwesten baut den Notdienst um. Jetzt beginnt die heiße Phase und die Kollegen im sehen erstmals wer Gewinner und wer Verlierer ist. Eine Verteilungsdebatte ist entbrannt.
Veröffentlicht:STUTTGART. Die Notdienstreform in Baden-Württemberg hat die Umsetzungsphase erreicht, in der Gewinner und Verlierer feststehen. In Göppingen wollen Ärzte die kürzlich von der KV-Vertreterversammlung verabschiedete neue Notdienst-Satzung nicht akzeptieren.
Bei einer Versammlung der Kreisärzteschaft in der vergangenen Woche entlud sich Empörung. Dass die Fronten auch kommunikativ verhärtet sind, macht die Sache nicht einfacher.
Man sei bei der Strukturreform des Notdienstes, also der Verringerung der Bezirke von rund 370 auf 70, "voll auf der Seite der KV", berichtet der Göppinger Allgemeinarzt Dr. Emil Frick der "Ärzte Zeitung".
Die von der KV geplante Kopfpauschale von rund 161 Euro im Quartal sowie eine prozentuale Umlage abhängig vom KV-Umsatz (0,3556 Prozent) bedeuteten, dass defizitäre Notdienstpraxen im Land mitfinanziert werden müssten, sagt Frick.
Das sei eine "völlig unakzeptable Quersubventionierung", hieß es bei der Versammlung der Kreisärzteschaft.
KV-Vorstandsvize Dr. Johannes Fechner will an den Beschlüssen der KV-Vertreter nicht mehr rütteln lassen. Die neue Notdienstordnung sei mittlerweile vom Sozialministerium des Landes genehmigt worden, sagte Fechner der "Ärzte Zeitung".
Die KVBW werde dem Verein, der in Göppingen die Notfallpraxis betreibt, alle Aufwendungen - soweit die wirtschaftliche Verwendung nachgewiesen wird- erstatten.
Bei der Finanzierung gelte aber das in der Notdienstordnung festgelegte landesweite Modell, stellte Fechner klar. Regionale Umlagen seien kein gangbares Modell, so der KV-Vize: "Wir sind die KV Baden-Württemberg, nicht die KV Göppingen."
Tatsächlich bedeute das Finanzierungsmodell, "dass Praxen mit hohen Umsätzen (...) auch einen höheren Beitrag für die Solidaritätsaufgabe (der Sicherstellung des Notdienstes, d. Red.) zu entrichten haben".
Bei der Versammlung der Kreisärzteschaft in Göppingen wurde daran erinnert, dass nach Paragraf 87 Abs.2 SGB V der Bewertungsmaßstab für ärztliches Honorar allein dem Bewertungsausschuss obliege.
"Daraus ergibt sich, dass eine pauschale Honorierung ärztlicher Notfalldienstleistungen rechtswidrig ist". Das wollen die Juristen nun juristisch prüfen lassen.
Der Internist und Nephrologe Dr. Frank Genske wertet die "Subvention unwirtschaftlicher Strukturen und überflüssiger Maßnahmen" durch die neue Notdienstordnung dahin gehend, dies komme "einer Veruntreuung der Beiträge der Versicherten gleich".
Der KV-Vorstand hat auf diese und ähnliche Vorhaltungen in einem Schreiben mit der Bemerkung "dümmer geht's nümmer" reagiert - was zusätzliches Öl ins Feuer goss. Man wolle "keinen Krieg mit der KV", beteuert Allgemeinarzt Frick, "sondern wir wollen nur gehört werden".