Psychotherapeutengesetz

Gleiche Bezahlung wie Assistenzärzte!

Die Ausbildung von Psychotherapeuten steht vor einer tiefgreifenden gesetzlichen Reform. Haupt-Knackpunkt sind Studium und Vergütung: Beides soll der Ausbildung von Ärzten angeglichen werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Psychotherapeut bei der Arbeit. Die Ausbildung der Psychotherapeuten steht vor einer tiefgreifenden gesetzlichen Reform.

Psychotherapeut bei der Arbeit. Die Ausbildung der Psychotherapeuten steht vor einer tiefgreifenden gesetzlichen Reform.

© pressmaster / FotoliA.com

BERLIN. Für die geplante Reform der Psychotherapeutenausbildung (Psychotherapeutengesetz) noch in dieser Legislaturperiode wird es knapp. Für Juni erwarte er zunächst einen Arbeitsentwurf aus dem Gesundheitsministerium, kündigte der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Dr. Dietrich Munz, beim 28. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) am Samstag in Berlin an.

Noch befindet sich das Projekt in einem "Klärungsprozess", wie es in einer Beschlussvorlage für die Delegierten des DPT heißt. Stand der Debatte ist, dass es nach den Vorstellungen des DPT und einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe der BPtK ein bis zum Master führendes Studium mit anschließender fünfjähriger Weiterbildung geben soll.

Ausbildung analog zu Ärzten

Damit würde die Ausbildung analog zu den somatisch tätigen Ärzten verlaufen. Zudem soll sich die Profession der Dynamik wissenschaftlicher Entwicklungen öffnen können. Bislang ist die Tätigkeit auf wissenschaftlich anerkannte Verfahren beschränkt.

Als einen der Schlüssel für ein erfolgreiches Gesetzgebungsverfahren identifizierte Munz am Samstag die Finanzierung der Weiterbildung und die Vergütung der künftigen psychotherapeutischen Assistenten.

"Wir brauchen bis Juni konkrete Überlegungen, wie die Weiterbildung finanziert werden kann", sagte Munz. Ziel sei, eine Förderung der Weiterbildung im Gesetz zu verankern.

Bislang erhielten die Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) "wenig bis gar keine Vergütung", wie Vertreter der PiA am Samstag anprangerten. Sie müssten jedoch auf den Stationen voll mitarbeiten.

Ihre Beiträge würden von den Kliniken mit den Kostenträgern abgerechnet. Nach einer Reform sollen sie wie Assistenzärzte bezahlt werden.

Derzeit lässt die BPtK Expertisen zur Finanzierung ambulanter und stationärer Weiterbildung erheben. Zwischenstände trugen die beauftragten Wissenschaftler am Samstag vor.

Die Institute der ambulanten Weiterbildung bedürften neuer Organisations- und Finanzierungsformen für auskömmliche Praxisbetriebsmodelle, sagte Professor Jürgen Wasem vom Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement (EsFoMed).

Finanzielle Lücken

Ein Abschlussbericht sei im Dezember zu erwarten. Kostendeckungslücken in der Weiterbildung hingen von der Höhe der Vergütung für die künftigen Assistenten, von der Dauer der Weiterbildung und von der Gewinnerwartung der Weiterbildungsstätten ab, sagte Wasems Kollegin Dr. Anke Walendzik.

Um die Lücken zu schließen, kämen die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer, der Steuerzahler, die Weiterbildungsstätten und auch die Assistenten selbst in Frage.

Eine Bestandsaufnahme nimmt derzeit das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) für die stationäre Weiterbildung vor. Dafür habe man eine "typische Auswahl" getroffen, sagte Dr. Karl Blum von der DKI. 35 Einrichtungen beteiligten sich an der Stichprobe. Ergebnisse sollen Ende Juni vorliegen.

Die Widerstände gegen die Ausbildungsreform seien enorm. Die Bundesdirektorenkonferenz, einige Ärztekammern und Fachgesellschaften hätten von einer Teilnahme an der Bestandsaufnahme abgeraten, berichtete Blum.

"Es stellt sich die Frage, inwieweit Krankenhäuser überhaupt noch bereit zur Weiterbildung sind, wenn sich die Vergütungsstrukturen so radikal ändern wie angedacht", sagte Blum.

In der Diskussion forderten zahlreiche Delegierte, die "Ausbeutung" der PiA zu beenden, die Auszubildenden nicht als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen und ihre Beiträge in die Vorab-Kostenrechnung der Weiterbildung einzupreisen.

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Kommentare
Peter Bühler 04.07.201612:34 Uhr

Dann lieber weiter wie bisher

Na klar, am besten so wie zu meinen Ausbildungszeiten, die Ausbildung zum FA für Psychotherapie auf eigene Kosten vom Aisstenzarztgehalt und dann nach abgeschlossener Ausbildung über die Terminservicestelle zum Bruttostundensatz von 50€ als Freiberufler per Gesetz zum Arbeiten verpflichtet werden.

Ich lass mich dann wieder als Ausbildungsassistent anstellen. Das Geld was der bekommt, kann ich mit einer vollen Arbeitswoche in der Praxis netto nicht verdienen. Und eigenverantwortlich brauch ich dann auch nicht mehr zu arbeiten.

Leute nehmt doch einfach die Psychotherapie aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen. Das spart Zeit für Diskussionen hochbezahlter Fachleute in irgendwelchen Gremien, auch wenn die Kostenersparnis im Gesamtsystem kaum auffällt.

Wir wollen Qualität, die nichts kosten darf. Am besten, durch die nichtärztliche Praxisassistentin, die die Psychotherapie als Hausbesuch für 8 Euro ohne Zeitvorgabe leistet, oder "ein Bier tut´s manchmal auch", wie auch schon von höchster Stelle zu vernehmen war.

Facharzt oder Psychologe, lt meinen Überweisungsscheinen kennt den Unterschied eh keiner.

PD Dr. Anke Brockhaus-Dumke 28.04.201619:56 Uhr

Finanzierung der Psychotherapeuten-Ausbildung

Für die Ausbildung von künftigen psychologischen Psychotherapeuten ist die praktische Erfahrung in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen unabdingbar. Diese kann in qualitativ hochwertiger Form v.a. in psychiatrischen Kliniken erworben werden, in denen Menschen mit dem ganze Spektrum psychiatrischer Störungen behandelt werden. Nachvollziehbar ist der Wunsch nach einer Neuregelung der kostenintensiven Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten. Hinsichtlich der Gleichstellung mit Assistenzärzten in Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist jedoch zu bedenken, dass die Aufgaben und Verantwortungsbereiche nicht identisch sind. Psychologen sind nicht ausgebildet für die Diagnostik und Mitbehandlung somatischer Erkrankungen, die nicht selten auch Ursache psychischer Störungen sind, ebenso wenig für die Verordnung von Medikamenten und die Beteiligung an dem Bereitschaftsdienst, der eine ärztlich-medizinische Qualifikation zur Sicherstellung der medizinischen Notfallversorgung erfordert. Es sind also vielfältige Änderungen der Organisation, der Kenntnisse bzw Verantwortlichkeit erforderlich, bevor eine Gleichstellung angemessen wäre.
Falsch ist die Behauptung in obigem Artikel, dass die psychiatrischen Kliniken die Tätigkeit der Psychologischen Psychotherapeuten in Ausbildung mit den Krankenkassen abrechnen könnten. Weder in der "alten" Abrechnung (Tagespflegesätze) noch nach "neuer" Abrechnung (Tagespauschaliertes Entgelt PEPP) ist dies möglich. Nur bei voll finanzierten Stellen erfolgt überhaupt eine Leistungsvergütung im PEPP-System, diese deckt jedoch die Kosten nicht. Darüber hinaus haben die Kliniken einen Ausbildungsaufwand durch Supervision und Anleitung der PPiA. Eine angemessene Refinanzierung des Ausbildungsaufwandes und der psychotherapeutischen Leistungen der PPiA (ggfs gestaffelt nach Ausbildungsstand, da die meisten PPiA ohne wesentliche therapeutische Kenntnisse direkt nach Abschluss des Psychologiestudiums ihre praktische Ausbildungsphase beginnen) sind weitere Voraussetzungen dafür, dass die Kliniken eine volle Vergütung zahlen können.
Sollte es bei einer Neuregelung der Psychotherapeuten-Ausbildung jedoch zu einem Verzicht auf die klinische Ausbildung kommen, würde dies zu einer deutlichen Qualitätsverschlechterung der Ausbildung führen.

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