Patientenrechte
Auch mit Gesetz ist noch Luft nach oben
Kommt es zum Vorwurf eines Behandlungsfehlers, stellt das Verfahren viele Patienten vor große Fragen. Um es nicht unnötig in die Länge zu ziehen, pochen Politiker auf einen Fonds für schnelle Entschädigung.
Veröffentlicht:BERLIN. Weil es Patienten im Falle eines Behandlungsfehlers nach wie vor schwerfällt, Ansprüche gegenüber Ärzten und Kliniken durchzusetzen, gibt es auch vier Jahre nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes Verbesserungsbedarf. Darüber waren sich Politiker und Kassenvertreter bei einer Diskussion in Berlin einig.
"Wir sollten uns die Frage stellen: Wie können wir Betroffenen möglichst schnell helfen?", sagte der Bundestagsabgeordnete Reiner Meier (CSU) bei der Veranstaltung "Das Patientenrechtegesetz – mehr als nur ein Zwischenschritt?", zu der der GKV-Spitzenverband eingeladen hatte.
Meier sieht ein Kernproblem in den Gutachten, die eine zentrale Rolle für den Nachweis eines Haftpflichtschadens spielen. Nach seinen Angaben ist es für Betroffene schwierig, einen unabhängigen Gutachter zu finden.
"Da müssen wir ran"
Er macht sich deshalb für die Einrichtung einer Gutachterstelle mit Fachärzten in der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) stark. "Die Verfahren laufen lange, die Gutachten brauchen lange, da müssen wir ran", warb Meier.
Eine Behandlung ist fehlerhaft, wenn gegen den medizinischen Standard verstoßen wird, erklärte die Richterin am Bundesgerichtshof Vera von Pentz. Damit die Arzthaftpflicht greift, reicht ein Behandlungsfehler aber nicht aus, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Arzthaftungssenats.
"Nur wenn ein Behandlungsfehler ursächlich ist für einen Gesundheitsschaden, greift die Haftung." Die Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und für einen kausalen Zusammenhang mit einem Gesundheitsschaden liegt beim Patienten. Die Entscheidung trifft der zuständige Richter aufgrund der Aussagen des Gutachters.
Gesetz soll Patienten Erleichterung verschaffen
Das Gesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen für den Patienten vor. So ist bei groben Behandlungsfehlern eine Beweislastumkehr vorgesehen. Verstößt ein Arzt eklatant gegen geltende Standards, ist es an ihm zu belegen, dass es keinen Zusammenhang mit einem Gesundheitsschaden gibt, sagte die Richterin.
Nach Angaben der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen Maria Klein-Schmeink kommt es immer wieder vor, dass ein Gesundheitsschaden nach einer fehlerhaften Behandlung vorliegt, der Nachweis eines Zusammenhangs aber nicht gelingt und sich die Verfahren in die Länge ziehen. "Wir halten es in solchen Fällen für notwendig, dass es einen Entschädigungsfonds gibt."
Als Vorbild nannte sie eine entsprechende Einrichtung in Österreich. Es gehe um keine vollständige Entschädigung, stellte sie klar. Entscheidend sei, dass Betroffene überhaupt etwas bekommen. Sie schätzt das nötige jährliche Budget auf 80 Millionen Euro.
Helga Kühn-Mengel, Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für Patienten und Pflegebedürftige, sprach sich ebenfalls für einen solchen Fonds aus. "Den Menschen geht es oft nicht um Geld, sondern um eine Klärung und einen Abschluss", sagte sie.
Die Kassen müssen sich laut Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbands, nicht vorwerfen lassen, dass sie Patienten nach Behandlungsfehlern zu wenig unterstützen. Zwar gebe es an mancher Stelle Nachholbedarf, aber: "Wir müssen die Patienten nicht erst seit dem Patientenrechtegesetz bei ihren Ansprüchen unterstützen", betonte er. Die Kassen seien in dem Bereich schon länger aktiv.
80 Mio. Euro jährliches Budget schwebt Maria Klein-Schmeink (Grüne) für einen Entschädigungsfonds vor.