DMP Brustkrebs

Immer weniger Teilnehmer in Nordrhein

Zu viel Dokumentation, zu wenig Mehrwert? Im DMP Brustkrebs in Nordrhein gehen die Teilnehmerzahlen seit Jahren zurück - und das, obwohl andere Programme einen kontinuierlichen Zuwachs verbuchen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Themen wie die Angst vor einem zweiten Tumor beschäftigen in der Brustkrebs-Nachsorge oft besonders.

Themen wie die Angst vor einem zweiten Tumor beschäftigen in der Brustkrebs-Nachsorge oft besonders.

© Chassenet/Fotolia.com

KÖLN. Wenn Disease-Management-Programme (DMP) an der Behandlungsrealität in den Praxen vorbeigehen, bleiben viele niedergelassene Ärzte diesem Versorgungsangebot gegenüber skeptisch.

Das zeigen die Erfahrungen mit dem DMP Brustkrebs in Nordrhein. Während die anderen strukturierten Behandlungsprogramme einen kontinuierlichen Zuwachs an Ärzten und Patienten verzeichnen, geht der Trend beim DMP Brustkrebs in die andere Richtung.

Am DMP Brustkrebs nahmen im Jahr 2013 insgesamt 608 Ärzte teil, fast ausschließlich Gynäkologen. 2012 waren es noch 666, ein Jahr zuvor 710. Insgesamt 15.077 Frauen mit einem Mammakarzinom wurden 2013 im DMP betreut.

Das waren 3,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor, in dem es bereits einen Rückgang um 2,1 Prozent gegeben hatte.

Nur jede fünfte Betroffene dabei

1630 der teilnehmenden Patientinnen waren 2013 erst bis zu einem Jahr an Brustkrebs erkrankt.

"Bezogen auf die erwartete Zahl der circa 11.000 neu an Brustkrebs erkrankten Frauen ist im Jahr 2013 wohl nur jede fünfte an Brustkrebs erkrankte Frau unmittelbar nach Diagnosestellung beziehungsweise Primärtherapie in das strukturierte Behandlungsprogramm aufgenommen worden", heißt es im nordrheinischen DMP-Qualitätssicherungsbericht 2013.

Zum Vergleich: Durch das DMP Diabetes Typ 2 werden zwischen 83 und 94 Prozent der betroffenen Patienten erreicht, beim DMP Koronare Herzkrankheit sind es 47 Prozent.

Nach Ansicht vieler Ärzte geht das Angebot im DMP Brustkrebs nicht über das hinaus, was sie in ihren Praxen sowieso machen, berichtet Dr. Lutz Altenhofen vom Projektbüro DMP des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, das den DMP-Bericht erstellt hat.

"Sie erkennen keinen Mehrwert im DMP." Dennoch seien die Programme mit einem hohen Dokumentationsaufwand verbunden. Gleichzeitig werde der Aufwand für zusätzliche Unterstützungs- und Gesprächsleistungen im DMP nicht abgebildet, etwa zu Themen wie der Rückkehr an den Arbeitsplatz oder die Angst vor einem zweiten Tumor.

"Das DMP geht in den Augen vieler Ärzte an der gynäkologischen Betreuungspraxis vorbei", erklärt Altenhofen.

Insgesamt weist die Tendenz in eine andere Richtung: In allen sechs DMP-Programmen wurden 2013 in Nordrhein 817.596 Patientinnen und Patienten von insgesamt 6170 Ärzten betreut, 2012 waren es noch 796.085 Patienten und 6093 Ärzte.

Das größte Programm war das DMP Diabetes mellitus Typ 2 mit 503.885 Diabetikern. "Die DMP-Dokumentation gibt einen Hinweis darauf, dass Komplikationen zunehmend seltener werden", sagt Altenhofen.

Das betreffe sowohl die Zahl der Retinopathien als auch der Amputationen. Auch mit Blick auf den Blutdruck der Diabetiker habe sich die Situation im nordrheinischen DMP sehr verbessert, vor allem im Vergleich mit anderen Regionen.

Beteiligung der Ärzteschaft

Eine Besonderheit in Nordrhein ist, dass die an den DMP teilnehmenden Ärzte regelmäßig und frühzeitig differenzierte Feedbackberichte erhalten. Ob das kausal zu der positiven Entwicklung beiträgt, lässt sich nach Angaben des DMP-Experten aber nur schwer sagen.

Bei einer Weiterentwicklung der Programme wäre eine stärkere Risikostratifizierung der Vorgaben sinnvoll, findet er. Das sei ein Vorteil des DMP Brustkrebs. "Dort gibt es Vorgaben für Subgruppen von Patientinnen."

Altenhofen begrüßt, dass die Richtlinienkompetenz für die DMP jetzt beim Gemeinsamen Bundesausschuss und nicht mehr beim Bundesversicherungsamt liegt.

"Durch die Beteiligung der Ärzteschaft an den Entscheidungen können die DMP besser an die Bedürfnisse in den Praxen angepasst werden", hofft er.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 08.02.201519:54 Uhr

Die Ursache ist doch wohl klar: die Medien sind dagegen!

Das Gleiche wie in anderen medizinischen Bereichen (Transplantation, zu teuer).
Auch der Gesetzgeber bevorzugt ja eher völlig unwirksames wie die Homöopathie.
Da ist er sich auch auf EU-Ebene einig, eine ganz vereinfachte (preiswerte) Zulassung OHNE jeden Wirkungsnachweis. Die einzige Feigenblattauflage ist die Bedingung, dass keine Indikation angegeben werden darf,
worüber sicher jeder Homöopath dankbar ist. Denn nun liegt es wirklich nur an ihm, was er aus dieser prominenten Therapie des 18. Jahrhunderts macht.
Und die GKV bezahlt das dann auch (überwiegend), die gabs allerdings noch nicht im 18 Jahrhundert.
mfG

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