Israel

Gelobtes Land für innovative Pharmaforschung

Israel hat sich bei deutschen Pharmaunternehmen als feste Größe für Forschungsallianzen etabliert. Dazu trägt unter anderem eine lockere Gesetzgebung zu Stammzellen bei.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Frische Brise für neue Ideen: In Tel Aviv ist medizinische Forschung angesagt.

Frische Brise für neue Ideen: In Tel Aviv ist medizinische Forschung angesagt.

© imago

FRANKFURT/MAIN. Israel mag ein kleines Land sein, in Medizin und Biotechnologie hat es allerdings viel zu bieten. Ein wichtiger Baustein ist dabei die systematische Vermarktung der universitären Forschung.

Das kann auf verschiedenen Wegen geschehen, wie Professor Ehud Gazit kürzlich bei einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main zum Thema Hightech-Standort Israel erläuterte.

Unternehmen können Lizenzen erwerben, Forschungsteams finanzieren oder sich an Start-ups beteiligen, etwa durch Inkubatoren, die Venture-Kapital beisteuern.

Gazit ist Chef-Wissenschaftler am israelischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie und forscht an der Universität von Tel Aviv (TAU) im Bereich Nanobiologie mit den Schwerpunkten Amyloide und Alterskrankheiten.

2007 sicherte sich Merz Pharmaceuticals die Lizenz für eine neue Medikamententechnologie zur Alzheimer-Therapie, die in Gazits Labor entwickelt wurde.

Transfergesellschaft vermittelt

Als Vermittler zwischen den Wissenschaftlern und der Wirtschaft fungiert Ramot, die Technologie-Transfergesellschaft der TAU.

Sie sucht aktiv nach Partnern und trimmt die Forscher darauf, die kommerzielle Verwertung ihrer Ergebnisse im Auge zu behalten, indem sie die Entwürfe wissenschaftlicher Veröffentlichungen entsprechend begutachtet.

Laut Dr. Tamar Raz, Vice President Marketing und Strategie von Ramot, sind derzeit Hunderte von Patenten an der TAU reif, auslizenziert zu werden.

Zu den erfolgreichen Projekten auf Basis von Forschungsergebnissen der TAU zählen neue Ansätze in der Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson und Amyothrophe Lateralsklerose (ALS) mittels Stammzellen.

Stammzellforschung ist in Israel weniger stark als in Deutschland durch staatliche Regelungen begrenzt, was dem Land einen Wettbewerbsvorteil beschert.

Raz zufolge hat das Unternehmen BrainStorm Cell Therapeutics kürzlich hervorragende Resultate aus Phase-I und Phase-II-Studien gemeldet.

Nach ihren Worten sterben jährlich mehr Menschen durch ALS als durch Multiple Sklerose oder Huntington, was die medizinische und wirtschaftliche Bedeutung dieses Forschungsgebiets unterstreiche.

Krebstherapie ein Schwerpunkt

Weitere Arbeitsschwerpunkte an den medizinischen und Biotech-Fakultäten der TAU sind Nanocarrier für die medikamentöse Krebstherapie sowie Polymer-Wirkstoff-Konjugate zur Behandlung von Knochenmetastasen bei Brust- und Prostatakrebs.

Erste klinische Versuche mit den Konjugaten sollen binnen 18 Monaten anlaufen; mit einem großen Pharmahersteller führt Ramot laut Raz bereits Lizenzverhandlungen.

Wirtschaftlich attraktiv dürfte eine Erfindung an der Chemie-Fakultät der TAU sein, die Menschen vor sexueller Gewalt schützen könnte: ein Schnelltest-Pen, der Vergewaltigungsdrogen in Getränken anzeigt.

Er soll für alle Arten von Getränken, ob kalt, warm oder sauer, tauglich sein, alle relevanten "rape drugs" erkennen, binnen Sekunden Ergebnisse liefern und als billiger Verbrauchsartikel vermarktet werden. Gegenwärtig wird an der technischen Serienproduktion gearbeitet.

Symbiose als Fundament des Erfolgs

Dass Unternehmen und Grundlagenforschung aufeinander angewiesen sind, verdeutlichte Professor Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung von Sanofi-Aventis Deutschland, bei der Veranstaltung.

Bei Kosten von 250 bis 500 Millionen Euro für die klinische Entwicklung eines neuen Wirkstoffs könne dieser Part nur von Unternehmen gestemmt werden. Nicht minder wichtig sei aber auch deren Erfahrung im Umgang mit den Zulassungsbehörden.

Ein oft unterschätzter oder gar ignorierter Faktor bei Kooperationen - wie Sanofi sie etwa mit der CalTech oder der Berliner Charité unterhalte - seien die Menschen.

Schlüssel zum Erfolg sind laut Maas: von Anfang an gemeinsame Visionen, Offenheit und Vertrauen, gemeinsame Projektteams in gemeinsamen Laborräumen, der Austausch von Mitarbeitern von der Universität ins Unternehmen und umgekehrt, gegenseitige Akzeptanz der jeweiligen Interessen und klare Definitionen des geistigen Eigentums an einer Neuentwicklung.

Die Technologie-Transfergesellschaft der TAU im Web: www.ramot.org

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