Demenz

Zwei Länder, ein Problem

Steigende Lebenserwartung einhergehend mit der Zunahme chronischer Erkrankungen stellen Japan und Deutschland vor Herausforderungen. Vor allem an Strategien im Kampf gegen die Demenz arbeiten die Japaner mit Hochdruck.

Von Martina Merten Veröffentlicht:

BERLIN. Die Zahlen unterstreichen den Handlungsbedarf: Jeder vierte Einwohner Japans ist schon heute älter als 65 Jahre. In Deutschland ist es jeder fünfte - Tendenz steigend.

Bis 2025, sagte der Minister für Gesundheit Japans, Yasuhisa Shiozaki, werde der Anteil der Menschen, die 65 und älter sind, auf 30 Prozent steigen.

In Deutschland werden es schätzungsweise 25 Prozent sein, sagte Shiozaki am Rande eines deutsch-japanischen Symposiums zum Thema "Prävention in der alternden Gesellschaft" in Berlin.

Zum Vergleich: 1970 lag der Anteil der Bevölkerung des westpazifischen Staates in dieser Altersklasse bei lediglich sieben Prozent. Bis 1994 hatte er sich bereits verdoppelt.

Bereits zum dritten Mal kamen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und sein japanischer Kollege zusammen. Gröhe betonte, der demografische Wandel und dessen Herausforderungen stünden in beiden Ländern "oben auf der politischen Agenda".

Beide Länder auf Schrumpfkurs

Einhergehend mit der Überalterung beider Gesellschaften ist das starke Schrumpfen der Bevölkerungszahl durch die sinkende Geburtenrate. Derzeit leben rund 127 Millionen Menschen in Japan. 2050 werden es nur noch 97 Millionen sein, erläuterte Dr. Kazuya Shimura.

Die Geburtenrate in Japan liegt dem Abteilungsleiter Gesundheitsförderung im japanischen Gesundheitsministerium zufolge bei 1,39 Kindern - 1950 betrug sie noch 3,65.

Auch hierzulande sieht es nicht besser aus: Bis 2060 wird sich die Zahl der in Deutschland lebenden Personen von derzeit 82 Millionen auf geschätzte 65 Millionen Menschen reduzieren, heißt es in der Bevölkerungsprojektion des Statistischen Bundesamtes. Die hiesige Geburtenrate liegt mit 1,38 Kindern geringfügig unter der in Japan.

Da wie in Deutschland auch in Japan die Rate der durch ungesunde Lebensführung bedingten Erkrankungen massiv gestiegen ist, will die dortige Regierung die "Gesundheitserwartung" steigern - also die Lebenserwartung bei guter Gesundheit.

In ihrem Gesundheitsförderungsprogramm "Health Japan 21" geht es um vier Kernbereiche: Gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, Reduktion der Raucherquote (19,3 Prozent der Japaner rauchen) und betriebliche Gesundheitsförderung.

Gleichzeitig arbeitet Japan mit Hochdruck an Strategien im Umgang mit der Demenzerkrankung. 2012, erläuterte Tadayuki Mizutani, Referatsleiter Pflegeversicherung im Gesundheitsministerium, waren 4,62 Millionen Japaner an Demenz erkrankt - das entspricht 15 Prozent der Personen in Japan, die 65 Jahre und älter sind.

Bis 2025 wird die Rate auf 19 Prozent steigen, schätzt Mizutani, das entspricht rund sieben Millionen Demenzkranken. Dieses Jahr kam es zur Modifizierung des 2012 etablierten Orange Plans.

Hiermit verfolgt die Regierung das Ziel, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Erkrankte mit Würde und in einem familiären Umfeld so lange wie möglich leben können.

60.000 Ärzte sollen trainiert werden

Um das zu erreichen, setzt das Gesundheitsministerium unter anderem auf eine "demenz-freundliche" Gesellschaft. So tragen diejenigen Japaner, die willens und in der Lage sind, demenzkranken Menschen in ihrer Region zu helfen, als Ausdruck ihres Helferwillens ein orange-farbenes Armband.

Außerdem bietet die Regierung Trainings für Hausärzte an, um deren Kompetenz im Umgang mit Demenz-Patienten zu erhöhen. Bis 2017, heißt es im neuen Orange-Plan, sollen 60.000 Ärzte ein solches Training absolviert haben.

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