Hintergrund
Der PKV-Basistarif: Holzklasse der Medizin
Maximal unattraktiv: Das könnte das Fazit einer Antwort der Bundesregierung zum Basistarif in der privaten Krankenversicherung sein.
Veröffentlicht:Mit dem Wettbewerbs-Stärkungsgesetz von 2007 wollte die damals regierende große Koalition ein Problem lösen, das nach ihrer Auffassung wachsende und bedrohliche Dimensionen angenommen hatte: das Phänomen nicht krankenversicherter Menschen.
Laut Mikrozensus von 2003 sollen es etwa 180.000 Betroffene gewesen sein; als das Gesetz beraten wurde, ging man von etwa 300.000 Personen aus. Heute scheint es so, dass es möglicherweise viel weniger Bürger sind, die überhaupt keinen Versicherungsschutz hatten - aber sicher ist auch das nicht.
In der Tat existierte aber eine Versicherungslücke für diejenigen, die - etwa als Kleinunternehmer - keine Chance haben, in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen zu werden, für die aber die Absicherung bei der Privatassekuranz mit steigendem Alter kaum noch finanzierbar ist.
Eine Auffanglösung konstruierte der Gesetzgeber mit dem Recht dieser Personen, in der Privatversicherung einen Schutz nach dem Basistarif zu erhalten. Die Höchstprämie liegt auf dem Niveau des Höchstbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung, für Bedürftige kann die Prämie halbiert werden. Die Leistungen entsprechen in etwa denjenigen der GKV.
Was aus dem Basistarif geworden ist, erschließt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage der Bundesfraktion der Linken. Danach sind aktuell (Stichtag 31. Dezember 2010) rund 21.000 Personen im Basistarif versichert, das sind 0,2 Prozent aller privat Krankenversicherten.
Angaben zur Struktur dieses kleinen Versichertenkollektivs gibt es nicht. Wahrscheinlich ist aber, dass es sich um Personen handelt, die zuvor ohne Versicherungsschutz waren und/ oder solche, die aufgrund von Vorerkrankungen in der PKV Risikozuschläge zahlen oder Leistungsausschlüsse akzeptieren müssten.
Aber auch mit Basistarif klemmt es bei den Betroffenen: Knapp ein Drittel zahlt aufgrund von Hilfebedürftigkeit nur die halbe Prämie. Ebenfalls knapp ein Drittel ist mit drei oder mehr Monatsbeiträgen im Rückstand.
Wenig rosig sieht es auf der Leistungsseite aus: Wer im Basistarif versichert ist, hat möglicherweise nur eine sehr eingeschränkte freie Arztwahl - anders als Kassenpatienten, die mit Vorlage ihrer Chipkarte ein Recht auf Behandlung haben.
Nur im Notfall, also bei sofortiger Behandlungsbedürftigkeit, ist jeder Vertragsarzt verpflichtet, einen Basistarif-Patienten zu behandeln - und sich dann bei der GOÄ mit einem Multiplikator von 0,9 bis 1,2 und bei der GOZ von 2 zu bescheiden.
Wer nicht akut erkrankt ist, kann vom Vertragsarzt als Patient abgelehnt werden. Dazu die Bundesregierung: "Der Gesetzgeber hat den KVen und KZVen den Auftrag zur Sicherstellung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung von Basistarifversicherten übertragen. Diese Übertragung führt nicht als solches zu einer unmittelbaren Erstreckung der Behandlungspflicht eines jeden einzelnen Vertragsarztes oder Vertragszahnarztes auf diese Patientengruppe. Es bleibt den KVen und KZVen überlassen, in welcher Art und Weise sie den gesetzlichen Auftrag am zweckmäßigsten erfüllen."
Ein konkretes Beispiel: Am 28. Oktober 2010 berichtete das Fernsehmagazin "Kontraste", dass von 128 Zahnärzten in der Region Heilbronn nur fünf bereit seien, Basistarif-Patienten zu behandeln.
Eine Recherche beim zuständigen Sozialministerium in Stuttgart ergab, dass die Situation als "rechtlich zulässig" bewertet und deshalb "kein Anlass für ein aufsichtsrechtliches Tätigwerden" bestanden habe.
Denn die für die Sicherstellung zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung habe im Rahmen einer so genannten freiwilligen Vertragslösung fünf Vertragszahnärzte in Heilbronn gefunden, die sich für die freiwillige Behandlung Basistarifversicherter haben eintragen lassen.
Für den Fall, dass ein Basistarifversicherter tatsächlich Probleme haben sollte, so die Bundesregierung, würde er auf jeden Fall an einen dieser Vertragszahnärzte verwiesen.
Möglicherweise ist nicht nur die zahnärztliche Versorgung beschränkt. Beispiel Psychotherapie: Die wird für Basistarifversicherten je Sitzung mit 48,26 bis 52,46 Euro vergütet. Für die gleichen Leistungen zahlen die gesetzlichen Krankenkassen 81,14 Euro.