DMP-Nutzen: Rätselraten zum Zehnjährigen

BERLIN (ami). Disease-Management-Programme sind eine Erfolgsgeschichte, wenn man die Beteiligung zählt. Doch über ihren Nutzen für Patienten und die Effizienz lässt sich auch nach zehn Jahren kaum etwas sagen. Das ist das Ergebnis der Fachtagung "Zehn Jahre DMP", die am Montag in Berlin stattfand.

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Knapp sechs Millionen Menschen werden in DMP versorgt. Etliche nehmen an mehreren der über 11 000 Programme teil.

"Die hohe Teilnehmerzahl ist Bedingung für den Erfolg der DMP", sagte der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA) Dr. Maximilian Gaßner.

Keinen Aufschluss über Evaluation der Programme

Er ist überzeugt, "dass wir uns mit DMP auf einem guten Weg befinden, Mängel in der Versorgung chronisch Kranker aufzuarbeiten".

Ob und wie DMP die Versorgung verbessert haben, darüber gibt jedoch auch die Evaluation der Programme keinen Aufschluss. Das kritisierte unter anderem der Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske.

Versorgungslage bei Einführung nicht dokumentiert worden

Bei der Einführung der Programme ist es aus seiner Sicht versäumt worden, die Versorgungslage zu dokumentieren. Wenn künftig DMP neu eingeführt oder verändert werden, sollten daher die Ausgangsbedingungen besser erforscht werden, forderte er.

Zudem sprach er sich dafür aus, die Wirkungen eines neuen Programms in kleinem Rahmen zu testen, bevor es flächendeckend aufgelegt wird.

GBA soll Richtlinienkompetenz für DMP erhalten

Im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes ist geplant, dass künftig die Richtlinienkompetenz für DMP vom Bundesgesundheitsministerium auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übergeht.

BVA-Präsident Gaßner drückte in diesem Zusammenhang seine Hoffnung auf eine angemessene Beteiligung des BVA an der Richtlinienerstellung aus.

Lesen Sie dazu auch: Macht der Bundesausschuss neue DMP besser?

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 19.09.201121:03 Uhr

Prof. Glaeske hat, wie so oft, Recht!


Wenn ein Rätselraten über den (therapeutischen) Nutzen der DMP erlaubt ist, dann ist es sicher auch erlaubt Fragen über einen (therapeutischen) Schaden zu stellen.
Mit einer der vorgeschobenen Gründe für das DMP Diabetes mellitus II war der Hinweis auf die vielzu hohen Amputationszahlen.

Okay, haben die sich verbessert?

Es ist schwierig, an Zahlen zu kommen.
Unter www.curado.de fand ich einen Hinweis, daß zwischen 2001 und 2007, also seitdem es das DMP gibt, die Zahl der Amputationen von 45.000 auf 60.000 gestiegen ist. Deutschland befindet sich mittlerweile europaweit im unteren Drittel! Die Zahlen werden bestätigt im "Gesundheitsbericht Diabetes" S.86 ( http://www.diabetes-deutschland.de/archiv/dokumente/DDU-Gesundheitsbericht_Diabetes_2008.pdf ).

Aber auch die Zahlen bei den Herzkrankheiten sind erschreckend. Die Mortalität hat sich in den letzten Jahren nicht verändert und die Inzidenz hat zugenommen.

Daß die Zahl der Colon-Carcinome unter der massiv vermehrten Zahl der Coloskopien zugenommen hat, scheint zunächst erfreulich, weil es sich um Neu-Entdeckungen handelt. Allerdings betrifft es nur die Frühstadien, und unterm Strich findet auch hier offensichtlich keine wesentliche Verbesserung der Lebenserwartung statt.

Das Geld für all diese Programme fehlt aber an der Basis. So sind die Zeiten bis zum Eintreffen eines Notarztes ebenso wie die Wartezeiten bei Fachärzten deutlich länger geworden.

Man kann eben immer nur eines, und es klann immer nur für eines Geld ausgegeben werden. Entweder für das Ausfüllen von Programmberichten oder für die Arbeit am Patienten. Und die Qualität einer Versorgung macht sich nicht an Leitlinien fest, sondern an der Berufserfahrung und dem Engagement.

Dr.Karlheinz Bayer, Bad Peterstal

Dr. Jürgen Schmidt 19.09.201120:58 Uhr

Hintergedanken

Vor die Notwendigkeit gestellt, dem Willen des Gesetzgebers zu folgen und mit den Krankenkassen DMP zu vereinbaren, waren die Verantwortlichen sich weitgehend einig: Ein eventuelles Scheitern wegen überbordender Bürokratie dürfe nicht der Ärzteschaft angelastet werden. Die Befürchtung allerdings, die Herren der Daten würden diese schon in einer Form darstellen, die den Nutzen dieser kostspieligen Programme belegen würde, ist auch nicht eingetroffen.

Mancher Arzt hat ehrlicherweise von einer Verbesserung seiner Diagnostik und Therapie - insbesondere beim Diabetes II - berichtet, andere haben sich von der Schematisierung der Leitlinienidee eher eingeengt gefühlt. Vielleicht halten sich beide Effekte die Waage.

Für den ominösen Morbiditätsausgleich könnten die DMP-Daten obsolet werden, wenn eine andere zuverlässige Form der Feststellung (nicht unbedingt AKR) gefunden würde. Dann könnten auch die Krankenkassen die Frage nach dem Nutzen dieser kostenintensiven Programme in den Vordergrund stellen.

Berufspolitisch entscheidend könnte aber ein anderer Aspekt werden: Ein großer Teil der Überwachung von DMP-Patienten bedarf der üblichen Häufigkeit ärztlicher Kontakte nicht mehr und könnte zeitweise von Hilfskräften betreut werden.

Auch eine Möglichkeit, dem Ärztemangel zu begegnen. Oder?

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