DAK Gesundheit nervt Hausärzte

Ein Brief der DAK Gesundheit an tausende Hausärzte sorgt für Wirbel. Die Kasse ermahnt die Empfänger darin, mit dem Aut-idem-Kreuz vorsichtiger umzugehen - und verweist auf eine "Aut-idem-Quote". Die gibt es aber offenbar gar nicht.

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Die Ärzte sollten ihren Umgang mit dem Aut-Idem-Kreuz genauer überprüfen, wünscht sich die DAK Gesundheit.

Die Ärzte sollten ihren Umgang mit dem Aut-Idem-Kreuz genauer überprüfen, wünscht sich die DAK Gesundheit.

© Schilddrüsen-Initiative

KÖLN (iss). Mit einem Schreiben an rund 10.000 Hausärzte zum Thema "aut idem" hat die DAK Gesundheit bundesweit für Irritationen gesorgt.

Die Krankenkasse will erreichen, dass die Ärzte ihren Umgang mit dem Aut-idem-Kreuz überprüfen und den Ausschluss des Austauschs von Arzneimitteln auf medizinisch begründete Einzelfälle begrenzen.

Die Krankenkasse macht die angeschriebenen Hausärzte darauf aufmerksam, dass sie im Vergleich zu ihrer Fachgruppe überdurchschnittlich häufig das Aut-idem-Kreuz setzen.

Dabei teilt sie den Angeschriebenen ihre individuelle "Aut-idem-Quote" im Vergleich zum Fachgruppen-Soll mit.

Weder bedrohen noch einschüchtern

Mehrere Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) haben inzwischen darauf hingewiesen, dass es keine derartige mit den Kassen vereinbarte Quote gibt.

Es sei auch nicht Sache der Krankenkassen, sich direkt mit Ärzten in Verbindung zu setzen, sagt der Vorsitzende der KV Westfalen-Lippe Dr. Wolfgang-Axel Dryden.

Das sei nur statthaft, wenn es um den konkreten Behandlungsfall eines Versicherten gehe. "Alle anderen Ansprachen sind als reines, informelles Gesprächsangebot zu verstehen, auf das unsere Vertragsärzte und -psychotherapeuten nicht reagieren müssen", betont Dryden.

Die DAK Gesundheit habe die KVen über das Schreiben informiert, sagte Sprecher Jörg Bodanowitz. Die Kasse wolle die Ärzte weder bedrohen noch einschüchtern, betont er.

"Es geht uns um den Dialog und nicht darum, als Krankenkasse die Muskeln spielen zu lassen."

Hotline für Ärzte

Die DAK Gesundheit habe für die Ärzte eine Hotline eingerichtet, einige rufe sie auch direkt an, sagt Bodanowitz.

Es sei - nicht zuletzt mit Blick auf die Rabattverträge - aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, dass die Ärzte sorgsam mit dem Aut-idem Kreuz umgehen, sagt er.

"Wenn keine medizinische Begründung vorliegt, gibt es keinen Grund, den Austausch auszuschließen."

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Kommentare
Karl-Georg Vaith 13.07.201216:16 Uhr

Es ist ein Drama mit dem Kreuz...........

Zum Thema Marcumar: Da wird dem Pat., der das Original bevorzugt,ein Mwhrpreis von 4,77 Euro in der Apotheke berechnet.
Aufgrund von Nebenwirkungen bei den Festpreispharmakons wurde der Pat. auf das Original wieder umgestellt.
Man sollte der Kasse mal mitteilen, welche weitere Kosten dadurch gespart werden.
Zudem ist eine Therapie mit Phenprocoumon schon sehr kostengünstig.
Im Gegensatz zu 22 Cent pro die beim Original, kosten die neuen Antithrombotika ja immerhin zwischen 3,50 - 3,60 Eur pro die.
Gibt es hierzu eine Stellungnahme der Krankenkassen ?

Dr. Stefan Koschnick 13.07.201210:05 Uhr

Ein Aut-Idem für Verwirrung der Patienten, denn die bleibt die Selbe (... oder die Gleiche ;-) )

Den Kommentaren der Kollegen ist wenig hinzuzufügen. Fakt ist, dass Patienten sich tatsächlich beklagen, sie würden die ständigen Namensänderungen ihrer Tabletten nicht mehr durchschauen. Besonders problematisch, gesundheitlich wie budgetär, ist die nicht all zu seltene Doppelung von Einnahmen gleicher Wirkstoffe. Vielleicht sollten die Kassen-Vertreter begreifen, dass die meisten Patienten, die der polypharmazie bedürfen, vieles nicht mehr überschauen und man denen wenigsten Aussehen und Logo ihrer gewohnten Tabletten lassen sollte. Denn, liebe Kassenvertreter, fragen Sie Ihre Patienten welche Medikamente Sie nehmen, werden als Antwort häufiger Farbe und Form erhalten als den Gerneric-Name (zu dumm, dass die Mehrzahl der Patienten gesundheitsökonomisch so unbegabt sind). Das Aut-Idem könnte die Fallpauschale für manche Notarzteinweisung ersparen, oder?

Alfred Besand 13.07.201210:03 Uhr

Compliance ohne ein Kreuz zu setzen meine Damen und Herren der DAK??

In manchen Fällen ist der Arzt sogar gezwungen ein preisgünstiges, teilbares Medikament, durch Ankreuzen des aut-idem-Feldes,zu gewährleisten.
Der DAK ist bei Ihrem Rundbrief sicherlich auch das entgangen,dass man bestimmte Präparate nicht teilen kann und somit durch das Ankreuzen des aut-idem-Feldes,eine Substitution durch den Apotheker ausschließt.
aerzteberatungrlpmainz.de
Alfred Besand 13.07.2012

Dr. Thomas Georg Schätzler 12.07.201219:30 Uhr

Ein Kreuz mit dem Aut-Idem-Kreuz!

Als Apercu: "Aut idem" ist veraltetes Medizinerlatein - und heißt "oder Gleiches, Ähnliches". Stammt wohl aus der Zeit, als Ärzte neben Aderlass, Drainieren, Purgieren und Ausleiten kaum Medikamente kannten. Mit "aut idem" forderten sie ihren örtlichen "Pillendreher" auf, in Ermangelung evidenzbasierter Therapien irgendetwas halbwegs Passendes für den Patienten rauszusuchen. Das Ankreuzen eines Kästchens, allerdings, bedeutet weltweit immer noch die Bestätigung eines Ansinnens, Wunsches oder einer Meinung. Auf Wahlzetteln bedeutet generelles Nichtankreuzen ungültige Stimmabgabe. Unter Ulla Schmidt, SPD-Gesundheitsministerin bis 2009, wurde die Bedeutung des Ankreuzens von "aut idem" einfach umgekehrt. Die neue Kennzeichnung dieser Rubrik bedeutet bis heute zur allgemeinen Verblüffung, "nein, auf keinen Fall aut idem".

In der Jetzt-Zeit angekommen, bewirkt eine von der "DAK-Gesundheit" geforderte Meidung des Ankreuzens von "aut idem", dass ein multimorbider Patient mit 6 verschiedenen Medikamenten in einem Jahr bis zu 24 verschiedenen Verpackungen, Farben, Formen, Logos oder Aufmachungen in der Apotheke erhält. Diese Austauschbarkeit bei der Jagd nach minimalen Rabattmargen, ständig wechselnden Rabattverträgen, tagesaktuellen Tiefstpreisen und Kämpfen um Pharma-Marktanteile bewirkt bei denen, für die diese Medikation eigentlich angemessen, hilfreich und hoffentlich leitliniengerecht ist, einen Angriff auf Therapietreue, Compliance und Adherence. Die Austauschbarkeit unter 20-30 verschiedenen Generikaherstellern pro Einzelmedikament suggeriert Beliebigkeit und konterkariert differenzierte, rationale Pharmakotherapie.

Mein persönliches DAK-Anschreiben ist Realsatire:
Die "DAK-Gesundheit Zentrale - Produktmanagement - Arzneimittel" benötigt eine 2. eng bedruckte DIN A4-Seite als "Zusatzinformation", um mir das einfache Nicht-Ankreuzen von aut-idem schmackhaft zu machen. Ebenso intelligenz- wie lebensfremde Hinweise, wie ich meine "Aut-idem-Quote" durch Druckereinstellung oder Arztsoftware-Prüfung (Freud''sche Fehlleistung: P r a x i s - Software ist gemeint) beeinflussen solle, finden sich im Anschreiben.

Kein Sterbenswörtchen davon, dass unsere Patientinnen und Patienten bei niedriger aut-idem Quote
• viele Medikamente, die sie nicht wiedererkennen können, verwerfen
• von wechselnden Logos, Formen, Farben und Aufmachungen irritiert werden
• Medikamentennamen noch weniger als bisher behalten können
• wesentlich schlechtere Therapietreue (Compliance, Adherence) zeigen

Bundesweite Rundbriefe zum Thema "aut idem" zu verschicken, macht erst Sinn, wenn empirische Untersuchungen, valide Ergebnisse und reliable Schlussfolgerungen aus der Versorgungsforschung vorliegen. Ansonsten ist es nur ein Kreuz mit dem Kreuz.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Frank Schlüter 12.07.201218:19 Uhr

"Bitten Sie doch einfach Ihren Doktor ein Kreutz zu setzen"

Vielleicht sollten die Kassenvorstände zunächst einmal ihre eigenen Mitarbeiter instruieren, Patienten, die sich wegen eines Präparatewechsels bei der Kasse beschweren, nicht länger zu zu empfehlen:
"Bitten Sie doch einfach Ihren Doktor ein Kreutz zu machen".
Aber ich vermute, die Kassenmitarbeiter sind von Ihren Vorgesetzten angehalten, genau dies den Patienten vorzugaukeln. Die lästigen Diskussionen mit den Patienten um die aut-idem Substitution sollen ja bewußt in die Arztpraxen verlagert werden und nicht dort stattfinden, wo sie eigentlich hinhehören: in die Kassen.
Was für ein perfides System !

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