Kartellrecht für Kassen

Die Allianz von CSU und Opposition

Die Ausweitung des Kartellrechts auf die Krankenkassen wird zur Hängepartie: Nachdem die Opposition ihren Widerstand angekündigt hat, zieht nun auch die CSU die Bremse. Streit in der Koalition ist vorprogrammiert.

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Singhammer (hier im Frühjahr): Nein zum Kassen-Passus in der GWB-Novelle.

Singhammer (hier im Frühjahr): Nein zum Kassen-Passus in der GWB-Novelle.

© Jens Jeske / imago

BERLIN (fst). Kartellrecht auch für die gesetzlichen Krankenkassen - da sagt die CSU Nein. Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist damit endgültig zur Hängepartie geworden.

Für Krankenkassen, eigentlich Körperschaften öffentlichen Rechts, soll die Fusionskontrolle und das Kartellrecht gelten - so, als wären sie Unternehmen.

Jetzt hat sich der Fraktionsvize Abgeordnete Johannes Singhammer erneut zu Wort gemeldet und für die CSU ein Veto eingelegt. Zum einen fürchtet die CSU, dass Kooperationen, die es zwischen Krankenkassen gibt, künftig unter das Wettbewerbsrecht fallen.

Beispiele für bisherige Kooperationsprojekte sind das Mammografie-Screening, die elektronische Gesundheitskarte oder das Zentrale Knochenmarkregister. Zum anderen könnte die Geltung des Kartellrechts für Kassen die Europäische Kommission auf den Plan rufen.

Die Folge wäre, so die Annahme, dass EU-Recht unmittelbar für Krankenkassen gilt. In einem Gutachten für den AOK-Bundesverband warnt der Wirtschaftsrechtler Professor Jörg Fritsche von der Universität Regensburg.

Ihr Resümee: Werden Krankenkassen von der EU als Unternehmen im Sinne des europäischen Rechts gesehen, dann "kann der deutsche Gesetzgeber nur noch im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben das deutsche Gesundheitssystem gestalten".

Formulierungshilfe nur eine Verschlimmbesserung?

Im Gesundheitsausschuss des Bundestags blieb das Thema am Mittwoch nur deshalb auf der Tagesordnung, um der SPD Gelegenheit zu geben, einen eigenen Antrag einzubringen - mit eindeutigem Tenor.

Das Wettbewerbsrecht auch im Verhältnis von Kassen untereinander anwenden zu wollen, "halten wir für grundverkehrt", sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Carola Reimann der "Ärzte Zeitung".

Die GKV sei mit dem "pragmatischen Mix" aus Wettbewerb, Selbstverwaltung und staatlichen Vorgaben "gut gefahren".

Die De-facto-Allianz aus CSU und Opposition bei der GWB-Novelle beschert der Koalition neuen Streit: Die FDP befürwortet das Vorhaben, die Union ist uneins. Vor rund zwei Wochen haben Koalitionspolitiker eine "Formulierungshilfe" vorgelegt, die Kritiker besänftigen sollte.

Danach soll das Bundeskartellamt verpflichtet werden "den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen besonders zu berücksichtigen", heißt es in dem Papier.

Doch Kritiker lehnen den Vorschlag als Verschlimmbesserung ab, weil er neue Rechtsunsicherheit schaffen würde. Sie befürworten die komplette Herausnahme der Kassen aus der GWB-Novelle.

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Kommentare
Dr. Dieter Huelsekopf 26.09.201218:22 Uhr

Natürlich geht ´s auch einfacher

Es geht dann einfacher, wenn der Wettbewerb im Gesundheitswesen nicht fälschlicherweise zwischen Kassen, sondern in richtiger Weise zwischen den medizinischen Behandlern veranstaltet wird.
Kassen sollten sich auf ihre Ursprungs-Aufgabe, die finanzielle Absicherung für den Krankheitsfall, zurückziehen und nicht, z. B. bei Qualitätssicherung, dazwischenreden oder Wellness zur Köderung anbieten.
Der Wettbewerb muss so gestaltet werden, dass er die Erkrankten in die Behandlungseinrichtungen lenkt, die patientenorientiert und nicht gewinnorientiert behandeln. Das geht nur über eine prozentuale Kostenbeteiligung des Patienten an Stelle der heutigen Brunchgebühren.
Wer jetzt fürchterlich fürchtet, dass damit Kranke vermehrt abkassiert werden sollen, der sollte doch erstens eine 10%-Beteiligung
an den Behandlungskosten anhand seiner eigenen Praxisdaten durchrechnen
(und sie mit 30 € Rezeptgebühr in Relation setzen) und zweitens darüber nachdenken, was denn die 2%-Überforderungsklausel bedeutet.
Salvete!
Dieter Huelsekopf

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