Gesundheitsfonds
GKV-Beiträge leiden unter Negativzinsen
Kassen dürfen ab Januar einen Teil ihrer Rücklagen in Aktien anlegen. Denn durch die Niedrigzins-Politik steigen die Strafzinsen.
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Viele Privatanleger fürchten sich vor negativen Zinsen für ihr Guthaben – die GKV-Beiträge spüren diese schon.
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BERLIN. Die beim Gesundheitsfonds geparkten Rücklagen verursachen immer höhere Verluste für Beitragszahler: Die Anlage der rund zehn Milliarden Euro der Liquiditätsreserve am Kapitalmarkt versachte im ersten Halbjahr 2016 Strafzinsen von 2,7 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Bundestag hervor.
Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr betrugen die Verluste des Gesundheitsfonds durch sogenannte Negativzinsen 1,8 Millionen Euro. Seit März erlaube es das Bundesversicherungsamt (BVA), "kleine Teile" der Rücklagen zinsgünstig anzulegen. Dadurch werde das Problem der Negativzinsen aber nur "abgemildert".
In diesen Zahlen sind die eigenen Rücklagen der Krankenkassen noch gar nicht berücksichtigt. Das Geldanlagevolumen der 78 Kassen unter der Kontrolle des BVA belief sich 2014 auf 26,4 Milliarden Euro.
Neues Gesetz erlaubt neue Anlagemöglichkeit
Ab Januar können diese bundesunmittelbaren Krankenkassen zehn Prozent der Mittel für die Altersrückstellungen ihrer Mitarbeiter in Aktien anlegen. Das erlaubt das 6. SGB IV-Änderungsgesetz, das der Bundestag im Herbst beschlossen hat.
Deckungskapital darf dabei nur in Euro-denominierten Aktien angelegt, und zwar auch nur im Rahmen passiv gemanagter Indexfonds des Eurostoxx 50. Das addierte Kapital für Altersrückstellungen der Kassen belief sich Ende 2015 auf 1,07 Milliarden Euro, so dass 107 Millionen Euro ab Januar für die Aktienanlage zur Verfügung stehen.
Eine Beteiligungsgesellschaft von vier Innungskassen, einer Betriebskasse und vier Arbeitsgemeinschaften verwaltet aufgrund der früheren Entscheidung einer Landesaufsicht schon bisher einen Aktienanteil. Das BVA hat die Gesellschaft aufgefordert, den Aktienanteil nach der neuen Rechtslage auf zehn Prozent zu begrenzen.
Sonderregelung für AOKen
Für die AOK-Familie gelten weiterhin Sonderregeln. Es sei der Regierung bekannt, dass die Ortskrankenkassen mit Billigung der Länderaufsichten in der Vergangenheit Mittel in Aktien angelegt haben. Zahlen nennt sie dazu nicht.
Keine detaillierten Vorgaben will die Regierung machen, wie Kassen und Gesundheitsfonds die Mittel anlegen. Entscheidend seien die Anlagegrundsätze "Sicherheit, Liquidität und Rendite".
Zusätzlich "können" Kassen ethische, soziale und ökologische Aspekte bei der Geldanlage berücksichtigen – sie müssen es aber nicht. Das kritisiert die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink.
Sie fordert, die Regierung solle Vorgaben formulieren, um etwa Investments in die Aktien von Stromversorgern, die auf fossile Brennstoffe setzen, zu verhindern. Viele Kassen wollten aus eigenem Antrieb ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien folgen, "es braucht aber bindende Vorgaben, damit gleiche Bedingungen für alle herrschen", forderte Klein-Schmeink.