E-Akte

Bei der TK ist der Patient Herr seiner Daten

Elektronische Patientenakte, die nächste: Nach der AOK Nordost startet nun auch die Techniker Krankenkasse mit einer digitalen Datenablage für ihre Versicherten – und hat viel damit vor.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der Techniker Krankenkasse, präsentiert eine App zum Start einer ersten "Elektronischen Gesundheitsakte".

Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der Techniker Krankenkasse, präsentiert eine App zum Start einer ersten "Elektronischen Gesundheitsakte".

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN. Aus der Vogelperspektive sieht die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesen derzeit so aus: Die Selbstverwaltung bastelt unter dem Stichwort Telematikinfrastruktur (TI) an Kommunikationskanälen für ein elektronisches Gesundheitswesen.

Gleichzeitig entstehen diverse davon vorläufig noch separierte elektronische Akten, die entweder auf eine bessere Vernetzung der Leistungserbringer zielen oder mehr Datentransparenz für Patienten und Versicherte schaffen wollen.

Bei der neuen elektronischen Gesundheitsakte (eGA) der Techniker Krankenkasse, für deren "Beta-Test" sich TK-Versicherte jetzt registrieren können, steht die Datentransparenz für die Versicherten im Vordergrund.

TK-Chef Jens Baas möchte, wie er am Dienstag bei der Vorstellung der eGA in Berlin sagte, dass TK-Kunden sowohl Daten der Krankenkasse als auch Daten von Leistungserbringern zur Verfügung gestellt bekommen und eigene Daten – Tracker-Daten, per Barcode eingescannte Medikamentenschachteln, abfotografierte Befunde oder Röntgenbilder – beliebig ergänzen können.

"Die drei Grundsätze unserer eGA sind, dass sie für die Versicherten freiwillig und kostenlos ist und das auch bleibt. Der Patient ist uneingeschränkt Herr seiner Daten, und die Akte ist so sicher wie das derzeit möglich ist", so Baas.

Datenspeicher in Frankfurt

Das Sicherheitskonzept von "TK-Safe" erläuterte Matthias Hartmann, Geschäftsführer IBM Deutschland, dem Technikpartner der TK: Physisch liegen die Daten in einem IBM-Rechenzentrum in Frankfurt am Main und sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt.

Das heißt, dass alle Daten – egal ob sie von der Krankenkasse, einem Krankenhaus oder dem Versicherten selbst stammen – mit einem persönlichen Schlüssel des Akteninhabers dort, wo sie herkommen, verschlüsselt werden. Und sie können nur mit Hilfe des persönlichen Schlüssels auf dem Smartphone des Aktenbesitzers geöffnet werden.

"Weder IBM noch TK können die Daten einsehen. IBM kennt nicht einmal die Namen der Versicherten", betonte Hartmann. "Es gibt auch keinerlei datengetriebenes Geschäftsmodell auf Seiten von IBM."

Was jetzt zur Verfügung gestellt wird, sei keine fertige und endgültige Akte, sondern ein Angebot, das kontinuierlich weiterentwickelt werde, sagte Susanne Ozegowski, eGA-Beauftragte der TK. Im ersten Schritt werden sämtliche der TK zur Verfügung stehenden medizinischen Daten vom ersten Tag an zur Verfügung gestellt.

Das sind ambulante und stationäre Diagnosen unter Angabe des Arztes, der sie gestellt hat, – "für Eingeweihte nicht uninteressant mit Blick auf den Morbi-RSA", so Baas – verordnete Medikamente, Informationen zu Impfungen, abgerechnete Geldbeträge und einiges mehr.

Sozialgesetz nicht ausgehebelt

Natürlich werde dabei das Sozialgesetz nicht außer Kraft gesetzt: Daten, die die Kasse erst spät erhält, kommen auch dann erst hinein, statt aus früheren Beständen ergänzt zu werden.

Und schon gelöschte Daten können auch nicht wiederhergestellt werden. Das wird unter anderem dazu führen, dass Impfverzeichnisse zunächst unvollständig sind. Aber immerhin: Ein Anfang ist gemacht.

Kooperationsvereinbarungen mit Leistungserbringern sollen den Nutzwert der Akte schrittweise verbessern. Einer der ersten Partner ist Agaplesion: "Wir haben pro Jahr etwa 70.000 ambulante und stationäre TK-Versicherte, denen wir ihre Daten zur Verfügung stellen können", so Agaplesion-Chef Markus Horneber.

Positive Signale gebe es darüber hinaus von anderen Klinikträgern, die insgesamt die Hälfte der Krankenhauslandschaft in Deutschland repräsentierten, so Ozegowski. Ambulante Partner seien sehr gesucht.

Die eGA-Beauftragte ging auch darauf ein, wie die TK-Akte mit Plänen der gematik zusammengeht, die mit Frist bis Ende dieses Jahres eine primär auf die Arztkommunikation ausgerichtete elektronische Patientenakte (EPA) sowie ein elektronisches Patientenfach spezifiziert: "TK-Safe ist keine Insel. Hier entsteht nichts, was nachher nicht kompatibel ist", so Ozegowski.

Konkret sieht sie die eGA als ein erweitertes Patientenfach, das in Zukunft die gematik-Anforderungen aufnimmt und ergänzt. Dass das nicht so einfach wird, deutete sie nur indirekt an: "Die Spezifikation der gematik darf nicht im Widerspruch zu dem stehen, was wir gemacht haben. Wir sind deswegen im engen Dialog."

Zurück in die Vogelperspektive: Die Herausforderung der nächsten Monate wird es sein, die TK-Bemühungen um eine eGA/Patientenfach und die eher in Richtung digitaler Versorgungsplattform/EPA gehenden AOK-Bemühungen so mit den gematik-Arbeiten in Einklang zu bringen, dass alles zumindest auf Sicht zusammengeführt werden kann. Das dürfte Änderungen im SGB V erfordern.

Lesen Sie dazu auch: TK Safe vorgestellt: TK-Versicherte erhalten E-Akte

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!