hkk-Gesundheitsreport

Entlassplan ist noch Mangelware!

Ein Report der Krankenkasse hkk deckt einen Nachholbedarf beim Entlassmanagement auf. Es hapert am Entlassplan, aber auch an der Kommunikation mit ambulanten Leistungserbringern.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Mindestens 42 Prozent der entlassenen Patienten hätten einen Entlassplan erhalten müssen, so die Schätzung der Studienautoren.

Mindestens 42 Prozent der entlassenen Patienten hätten einen Entlassplan erhalten müssen, so die Schätzung der Studienautoren.

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Entlassbrief ja, aber strukturiertes Entlassmanagement (EM) eher Fehlanzeige: Seit rund einem Jahr ist das EM mitsamt der notwendigen Verordnungen für die ersten Tage nach dem stationären Aufenthalt für Kliniken Pflicht. Doch längst nicht alle Patienten, die unter den zugehörigen Rahmenvertrag zwischen Kassen, KBV und Deutscher Krankenhausgesellschaft fallen, profitieren auch davon, das zeigt der hkk-Gesundheitsreport 2018 „Entlassmanagement“.

85,4 Prozent der Krankenhauspatienten erhielten zwar einen (vorläufigen) Entlassbrief, aber nicht einmal ein Fünftel (19,2 Prozent) der Patienten bekamen auch einen Entlassplan zu ihrem Behandlungsbedarf an die Hand.

An der Studie beteiligten sich 349 hkk-Versicherte mit Klinikaufenthalt im Frühjahr 2018. 47 Prozent der Befragten waren innerhalb der letzten drei Jahre mindestens ein weiteres Mal in der Klinik gewesen. Dabei gaben fast zwei Drittel dieser Mehrfach-Krankenhauspatienten an, hinsichtlich ihrer Vorbereitung auf die Zeit nach der Entlassung keine Unterschiede zu den früheren Klinikaufenthalten festgestellt zu haben. Nur 17,2 Prozent hielten die aktuelle Vorbereitung für besser.

Krasse Defizite

Laut Studienautor Dr. Bernard Braun von der Universität Bremen hätten mindestens rund 42 Prozent der Befragten nach der Rahmenvorgabe Entlassmanagement einen Entlassplan erhalten müssen, da sie wegen einer schweren chronischen Erkrankung in der Klinik waren. Tatsächlich wurden aber gerade einmal 35,8 Prozent durch die Klinik über das Pflichtangebot zum EM informiert.

Schriftlich über die Ziele und Inhalte des EM wurden sogar nur 26,6 Prozent aufgeklärt. Besser läuft es da bei der allgemeinen Aufklärung in den Kliniken: 83,7 Prozent gaben an, ausreichend über ihre Krankheit und Behandlung informiert worden zu sein.

Nachholbedarf gibt es vor allem noch in der sektorübergreifenden Kommunikation: Nur etwas mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer beantwortete überhaupt die Frage, ob bereits während des Klinikaufenthaltes Kontakt zu Ärzten und anderen Leistungserbringern aufgenommen wurde, die für die nachstationäre Behandlung wichtig waren. Dabei beantworteten dies lediglich 17,5 Prozent mit ja. Übrigens berichteten Patienten aus freigemeinnützigen Krankenhäusern häufiger (40,7 Prozent) von solchen Kontakten als Patienten aus privaten Häusern (20,8 Prozent).

Gleiches gilt für die Kommunikation mit Kranken- und Pflegekasse: Von den 58 Studienteilnehmern, die im Anschluss an den Klinikaufenthalt eine genehmigungspflichtige Kassenleistung wie Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege benötigten, gaben rund ein Drittel an, dass die Klinik sie über die notwendige Kontaktaufnahme zur Kranken- oder Pflegekasse informiert habe. Zusätzliche Unterstützung bei der Antragstellung erhielten 29,3 Prozent.

Wesentlich besser sieht es da bei der Erstellung von Medikationsplänen aus: Von den 112 Befragten, die mindestens drei verordnete Arzneimittel einnehmen, gaben rund 82 Prozent an, dass sie einen Medikationsplan erhalten hatten. Dafür läuft es mit den AU-Bescheinigungen nicht ganz so gut: 140 Studienteilnehmer benötigten eine solche Bescheinigung aufgrund ihres Klinikaufenthaltes, aber nur 62,1 Prozent wurde sie direkt in der Klinik ausgestellt. (reh)

Entlassmanagement: Die Kernpunkte

Der Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband, KBV und Deutscher Krankenhausgesellschaft – der übrigens nur durch Eingreifen des Bundesschiedsamtes zustande gekommen ist – stellt bestimmte Anforderungen an das Entlassmanagement der Kliniken. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Der voraussichtliche Bedarf für eine Anschlussversorgung muss – anhand schriftlicher Standards – durch ein multidisziplinäres Team im Krankenhaus festgestellt werden.
  • Dazu bedarf es eines patientenindividuellen Assessments. Über dieses Assessment ist der Patient schriftlich aufzuklären. Außerdem muss die Klinik sich die Einwilligung für die Weitergabe von Patientendaten an ambulante Leistungserbringer einholen.
  • Die Klinik muss frühzeitig Kontakt zu weiterbehandelnden Leistungserbringern aufnehmen.
  • Aufstellung eines Entlassplans, der für alle am Entlassmanagement beteiligten Mitarbeiter im Krankenhaus in der Patientenakte verfügbar ist.
  • Spätestens am Tag der Entlassung muss der Patient notwendige Verordnungen – das beinhaltet auch Heil- und Hilfsmittel, Krankenpflege und Soziotherapie – sowie eine notwendige AU-Bescheinigung erhalten. Die Klinik muss Patienten bei antragspflichtigen Leistungen unterstützen. (eb)
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