Hintergrund
Mensch-Tier-Mischwesen spaltet Ethikrat
Zentauren für die Forschung: Hybriden aus Mensch und Tier lassen manche Wissenschaftler träumen, unumstritten sind sie allerdings nicht. Jetzt hat ein Fall aus Großbritannien den Deutschen Ethikrat auf den Plan gerufen.
Veröffentlicht:Der Deutsche Ethikrat hat eine Stellungnahme zu Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung vorgelegt -weitestgehend einmütig unter seinen Mitgliedern.
Auch wenn viele Forschungsansätze derzeit noch keine ethischen Probleme aufwerfen, ist die Stellungnahme nötig.
Geplant war eigentlich, dass der Deutsche Ethikrat noch im Jahr 2010 eine Stellungnahme zum Thema Mensch-Tier-Mischwesen vorlegt. Doch es hat bis jetzt gedauert, dass eine solche Stellungnahme zustande gekommen ist.
Es geht dabei um lebende Organismen, auch in sehr frühen Entwicklungsstadien, die menschliche und tierische Bestandteile enthalten, also Gene, Chromosomen, Zellkerne, Zellen, komplettes Gewebe oder gar ganze Organe.
Hybrid in Großbritannien
Anstoß für die Stellungnahme war unter anderem ein Experiment in Großbritannien, bei dem der Zellkern einer menschlichen Zelle in eine Rinder-Eizelle übertragen wurde, deren Zellkern zuvor entnommen worden war.
Dadurch ist ein Hybrid, ein Mischwesen, entstanden. Mit solchen Hybriden - sie sind durch Klonen hergestellt worden -wollen Forscher embryonale Stammzellen unkompliziert gewinnen, ohne dafür Eizellen von Frauen verwenden zu müssen.
Die knapp einhundert Seiten umfassende Stellungnahme des Ethikrates soll zur Klärung der Unterscheidung von Mensch und Tier beitragen sowie zur Bewertung ethisch relevanter Entwicklungen bei der Herstellung von Mischwesen zwischen Mensch und Tier in der Forschung.
Wesen ohne klare Zuordnung nicht einpflanzen
Sie gibt Antwort darauf, wo es schon jetzt Handlungsbedarf für Wissenschaft, Gesellschaft oder Politik gibt. Fokus der Stellungnahme liegt dabei auf der Übertragung menschlichen Materials, etwa Gene oder Gewebe, auf Tiere - der umgekehrte Weg wird nicht berücksichtigt.
Einig sind sich die Ethikrat-Mitglieder unter anderem darin, dass Mensch-Tier-Mischwesen nicht in eine Gebärmutter übertragen werden dürfen, "bei denen man vorweg absehen kann, dass ihre Zuordnung zu Tier oder Mensch nicht hinreichend sicher möglich ist".
Der Ethikrat bekräftigt zudem, dass menschliche Embryonen nicht auf Tiere übertragen und keine Lebewesen erzeugt werden dürfen, die durch Befruchtung mit Hilfe menschlicher und tierischer Keimzellen oder durch Fusion eines menschlichen und eines tierischen Embryos oder aber durch Verbindung eines menschlichen Embryos mit einer Tierzelle, die sich mit ihm differenzieren kann, entstehen. Das ist bereits im Embryonenschutzgesetz festgeschrieben.
Tierische Embryonen nicht auf Mensch übertragen
Der Ethikrat möchte das Embryonenschutzgesetz zudem erweitert sehen. Aufgenommen werden solle etwa der Hinweis auf ein Verbot der Übertragung tierischer Embryonen auf Menschen und das Verbot, tierisches Genmaterial in den Erbgang von Menschen einzuschleusen.
Außerdem sollte es verboten sein, dass Verfahren entwickelt werden, die zur Bildung von menschlichen Samen- und Eizellen in Tieren führen können.
Unter anderem mit Blick auf die Mensch-Rind-Hybriden von Großbritannien - auch als Zybride bezeichnet -empfiehlt der Ethikrat geschlossen, deren Einpflanzen in eine menschliche oder auch tierische Gebärmutter zu verbieten.
Unklarheit bei Hybriden außerhalb der Gebärmutter
Dazu solle das Embryonenschutzgesetz durch ein explizites Verbot ergänzt werden. Weniger einig sind sich die Ethikratmitglieder allerdings, wenn es um die Herstellung und Nutzung von Hybriden außerhalb der Gebärmutter geht.
Zwölf Mitglieder halten dies für ethisch zulässig und deshalb ein gesetzliches Verbot nicht für angebracht. Elf Mitglieder sehen das ganz anders: Für sie ist die Herstellung und Nutzung von Hybriden ethisch unzulässig. Sie fordern deshalb die Aufnahme eines entsprechenden Verbotes in das Embryonenschutzgesetz.
Medizinische Forschung ist auf Tiermodelle - etwa für M. Alzheimer oder M. Huntington - angewiesen. In der Forschung ist die Schaffung etwa von Mäusen als "Modellorganismen" zur Erforschung menschlicher Krankheiten durch Einschleusen krankheitsspezifischer humaner Gene seit drei Dekaden breit etabliert.
Transparenz in der Krebsforschung gefordert
Mischwesen entstehen auch dadurch, dass zum Beispiel Tumorgewebe oder eine Tumorzelllinie eines Patienten auf immungeschwächte Tiere wie Mäuse übertragen wird, um Grundlagenforschung zu betreiben oder bereits erste Tests mit Chemotherapeutika zu machen.
Hier fordert der Ethikrat mehr Transparenz, etwa durch entsprechende Beiträge in den Tierschutzberichten für die Bundesregierung.
Wenn es aber darum geht, hirnspezifische menschliche Zellen in das Gehirn von Menschenaffen zu verpflanzen, ist der Ethikrat zu keinem Kompromiss bereit: Das solle klar untersagt werden.
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